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Wenn die Erde bebt!

30.08.2016

Unter Spannung stehende Erdplatten – eine geologische Situation die entsteht, wenn Platten aufeinander stossen, sich verkeilen oder aneinander vorbei driften – führen zu grossem Druckaufbau in der Kruste. Kann die Erdkruste den Spannungen nicht mehr standhalten, entlädt sie sich mit einem gewaltigen Ruck als Beben, häufig ohne grosse Vorwarnung zunächst im Erdinnern. Die Kraft breitet sich als Wellen aus, ähnlich den Wellen im Wasser und erreichen in Sekundenschnelle den Meeres- oder Erdboden. Eine solche gewaltige und abrupte Druckentladungen hat sich in Italien nicht zum ersten Mal ereignet. Erinnert sei an das letzte Beben 2012 in Norditalien und 2009 in L’Aquila in Mittelitalien. Damit gehört Italien nebst Island, Griechenland und der Türkei zu den am meisten gefährdeten Erdbebenländern Europas.

Wie sieht die geologische Situation in Italien aus?

Plattentektonik Italien
Verlauf der Platten im Mittelmeerraum

In der oberen Grafik sehen wir, wie die Plattengrenzen im Mittelmeerraum verlaufen. Daran gekoppelt ist, wie in der unteren Grafik ersichtlich, eine starke Erdbebentätigkeit. Für Italien heisst dies, die westliche und nord-süd verlaufende Hälfte gehört zur eurasischen Platte, die östliche Hälfte zur afrikanischen. Wo es entlang der Plattengrenze bei einer Druckentlassung zu Beben kommt, lässt sich jedoch nicht vorhersagen.

wo-in-europa-die-erde-bebt
Wo in Europa die Erde bebt , Quelle: Share

Erdbeben sind Teil des Erdgeschehens. So bebt die Erde mehrmals täglich an irgendeiner Stelle der Welt  – im Jahr über eine Million Mal – und führt in bewohnten Gebieten ab einer Stärke von etwa 5,5 auf der Richterskala zu Schäden. Welchen Schaden ein Erdbeben anrichtet, ist in erster Linie eine Frage der Beschaffenheit des Untergrunds. So haben viele Lockergesteine eine hohe Erschütterungsfähigkeit; das heisst, sie reagieren ähnlich wie ein Pudding, bei dem ein leichtes Anstossen des Tellers dazu führt, dass er ein paar Sekunden lang ins Wackeln kommt.

Mit Erdbeben zu leben ist eine Herausforderung. Als förderlich gelten Bauweisen, die bei horizontaler Belastung grosse Verformungen zulassen, sich also duktil und nicht spröde verhalten. Aus dieser Erkenntnis leitet sich der Massnahmenkatalog des erdbebensicheren Bauens ab. Solche Massnahmen verteuern das Bauen allerdings und sind in der Realität nicht einfach umzusetzen, da es die ärmlichere Landbevölkerung trifft.


Botschaften für die Zukunft

25.08.2016

Wie kann man das Wissen über ein geologisches Tiefenlager an künftige Generationen verständlich und bewusst weitergeben? Anne Claudel gehört zu einer internationalen Expertengruppe der OECD, die sich mit dieser Frage auseinandersetzt.

«Ich habe mich schon immer dafür interessiert, wie Wissen in vergangenen Zeiten überliefert wurde», sagt Anne Claudel, die seit 1998 für die Nagra arbeitet. Aus der Vergangenheit lerne man zudem, was für lange Zeit Bestand habe. Anne Claudel hat neben Informations- und Kommunikationswissenschaften auch Kunstgeschichte und Archäologie studiert.

Sie sieht eine Parallele zwischen Archäologie und dem Wissenstransfer über ein geologisches Tiefenlager. „Ein Archäologe interpretiert die Vergangenheit im Licht der Gegenwart. Wir versuchen Zukunftsszenarien vorherzusehen, auch im Licht der Gegenwart“, erläutert sie. Anne Claudel gehört zu einer internationalen Expertengruppe der NEA, der Atomenergieagentur der OECD. 12 Länder, darunter Schweden, Finnland und die USA, erarbeiten seit 2010 Möglichkeiten und Strategien, das Wissen über geologische Tiefenlager über viele Generationen zu bewahren. Auch Warnhinweise gegen ein unbeabsichtigtes Eindringen werden diskutiert (siehe Textbox unten).

Verständliche Botschaften und Markierungen

Die Forschung für den generationsübergreifenden Wissenstransfer und die Markierung geologischer Tiefenlager steht erst am Anfang. Sprachen und Symbole sind im ständigen Wandel. Nachrichten über Generationen zu überliefern ist das Eine. Das Andere ist, was werden die Menschen mit dem Überlieferten anfangen und werden sie unsere Botschaften verstehen. «Man muss sich nur einmal vor Augen führen, dass die Menschen in der Zukunft vielleicht gar nicht mehr wissen, was Radioaktivität ist», sagt Anne Claudel. Und mit welchen Kennzeichen könne man die Menschen dann eindeutig warnen, wenn sich Schrift und Symbole in der Zukunft ändern würden?

Keilschrift Erebuni
Keilschrift an der Mauer der antiken Festung Erebuni im heutigen Armenien © Shaun Dunphy . 800 v. Chr.

So ersinnt man in der Expertengruppe viele Möglichkeiten, um ein und dieselbe Botschaft zu übermitteln. Dies mit dem Ziel, dass das gesamte Wissen nicht auf einmal verloren geht. Die Expertengruppe erarbeitet viele, teils auch zusammenhängende Methoden für den Wissenstransfer: Ablage der Informationen in Bibliotheken und Staatsarchiven, Zeitkapseln, Markierungen als Warnsymbole vor Ort oder monumentale Bauten. Eine andere Idee wäre, einen Teil der Oberflächenanlage als Museum zu erhalten. Die Expertengruppe wird bis April 2018 die Methoden sammeln und gleichzeitig jede einzelne detailliert beschreiben.

Keine Voraussetzung für Langzeitsicherheit

«Wir gehen mit all diesen Methoden weg von einer reinen Markierung des Lagerstandorts und Archivierung der Informationen darüber», führt Anne Claudel aus. Man möchte mit den heutigen Vorbereitungen Kontinuität schaffen, damit es keinen Bruch im generationsübergreifenden Wissenstransfer gibt. «Ein hoher Anspruch», räumt sie ein. «Vielleicht überschätzen wir schlicht unsere Fähigkeit, diese Informationen verständlich und bewusst weitergeben zu können. Auch wenn dies keine Voraussetzung für die Langzeitsicherheit eines geologischen Tiefenlagers ist.» (siehe auch Textbox unten)
Es sei klar, dass es auch Dinge gibt, die man vom heutigen Standpunkt aus gesehen, nicht beeinflussen könne. So lässt sich die gesellschaftliche Entwicklung nicht vorhersehen. Und die Neugier der Menschen ist natürlich auch ein Stolperstein. «Der Mensch ist und bleibt letztlich das Fragezeichen daran», meint Anne Claudel.


Langzeitsicherheit und langfristige Information

Die Sicherheit eines Tiefenlagers basiert auf dessen Standort und Auslegung. Die radioaktiven Abfälle sind während der Zeit, in der sie bis zur «Unschädlichkeit» zerfallen, sicher eingeschlossen, ohne dass der Mensch eingreifen muss. Der langfristige Informationsfluss über Generationen ist erstrebenswert, stellt jedoch keine Voraussetzung für die Langzeitsicherheit eines geologischen Tiefenlagers dar.

Gesetzliche Vorgaben

Nach der Richtlinie ENSI-G03 muss die Eigentümerin oder der Eigentümer eines Tiefenlagers ein Konzept für die Markierung im Rahmen des Baubewilligungsgesuchs vorlegen. Dieses muss in den anschliessenden Bewilligungsschritten konkretisiert werden. Die Kernenergieverordnung hält zudem fest, dass eine Dokumentation erstellt werden muss, welche die Kenntnisse über das Lager sicherstellt.

Centre de stockage de la Manche
Archivgerechte Aufbewahrung der Dokumentation zum Lager für radioaktive Abfälle („Centre de stockage de la Manche“) Foto: ©Patrice Maurein

Links:
OECD/NEA-Bericht «Constructing Memory» (in Englisch)

Artikel zum Thema im «Le temps» (in Französisch)

Das BFE bloggt zum Thema

Film «La solution radiochats» – réalisé par Benjamin Huguet et lauréat du concours „regards sur les déchets radioactifs“ organisé par l’Andra en 2015 (in Französisch) ein Film über die Idee Strahlenkatzen zu züchten.


Dhaulagiri der weisse Berg

23.08.2016

Wenn Max Eiselin erzählt, lebt ein Stück Alpingeschichte auf. Der Luzerner Alpinist, Gründer des gleichnamigen Bergsportgeschäfts, hat ein hervorragendes Gedächtnis für Anekdoten, Namen, Episoden und Geschichten aller Art. Das Thema: die Erstbesteigung des zweitletzten noch unbezwungenen 8000er. Die Rede ist vom Dhaulagiri, 8167 Meter hoch, bestiegen am 13. Mai 1960 durch die von Eiselin geleitete Expedition.

Dhaulagiri
Dhaulagiri der spät erklommene 8000er im nepalesischen Himalaya, © Wikimedia

Schweizer in der Pionierrolle

Der Dhaulagiri war bereits Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt, doch seine Erforschung war bis 1949 ausgeblieben. Das überrascht, denn nahezu alle anderen Achttausender waren längst erforscht und Erstbesteigung waren voll im Gang.

Der Geologe Arnold Heim machte 1949 erste Flugaufnahmen des Bergs aus der Nähe. Ab 1950 wurde er von Alpinisten angegangen, zuerst von der berühmten französischen Expedition unter Maurice Herzog. Er befand ihn als zu schwierig und wechselte an den Annapurna I, 8091 Meter hoch, dessen Erstbesteigung – der erste Achttausender überhaupt – dann gelang. In den nächsten Jahren kamen zwei argentinische, eine österreichische und drei Schweizer Expeditionen und 1958 kam auch Max Eiselin zum ersten Mal an den Dhaulagiri. Alle Versuche missglückten. Auf der neu gewählten Nordostsporn-Route gelang dann 1960 die Erstbesteigung seiner Expedition. Zu den Gipfel-Erstbesteigern gehörten die Schweizer Albin Schelbert, Peter Diener, Ernst Forrer, der Österreicher Kurt Diemberger und die Sherpas Nima Dorje und Nawang Dorje. Die erfolgreiche Expedition lässt grüssen!

Nepal_ Dhaulagiri_Expedition_Card_1960
Dhaulagiri Expedition und Erstbesteigung vom 13. Mai 1960 geleitet von Max Eiselin

Geologie am Dhaulagiri im Speziellen und Nepals im Allgemeinen

 

Die mächtigen Bergmassive des Annapurna, Dhaulagiri und Nilgiri, die das Kali Gandaki-Tal zu beiden Seiten flankieren, verfügen über einen heterogenen geologischen Aufbau. Gneisse und Marmor unterschiedlicher Zusammensetzung sind Kennzeichen lokaler Temperatur- und Druckunterschiede während der Gesteinsmetamorphose. Charakteristisch ist die Annapurna Yellow Formation (leukokrate Granite) und der Nilgiri- und Kalapani Kalkstein, der einen starken Dolomitcharakter aufweist und grosse Teile der Gipfel westlich und östlich des Tals ausmacht mit Mächtigkeiten bis zu 1600 m, Gansser 1964.

Kali Gandaki Kalkformationen
Gefaltete Kalkschichten, der aus der Tethys stammenden Gesteinssequenz, im Kali Gandaki-Tal, © Wikimedia

Der Kern des Kali Gandaki-Tals, das übrigens das tiefste Tal der Welt sein soll, entspricht einer 5 km mächtigen, metamorph überprägten Sedimentsequenz aus dem Tethysmeer.

Geologie und Tektonik am Dhaulagiri
Geologische Schichten und Tektonik im Gebiet des Dhaulagiri, © Wikimedia

Die Geologie Nepals im weiteren Rahmen wird bestimmt durch die indisch-eurasische Kontinent auf Kontinent Kollision, die seit 65 Millionen Jahren in Gang ist. Diese Kollision führte bis jetzt zu einer Krustenverkürzung von ca. 2500 km, was der gesamten N-S Länge des Staates Indien entspricht! Diese Krustenverkürzung findet sich in den höchsten Erhebungen des Himalaya, die den grössten Teil Nepals ausmachen. Verkürzungen werden von Deformationsprozessen begleitet und so kommt es zu Auffaltungen, Brüchen und Überschiebungen.

Die grossen Überschiebungszonen sind zudem verantwortlich für die starke Erdbebentätigkeit, wie das Beben vom 25. April 2015 in Nepal zeigt.

 


Am Kailash entspringen die grossen Flüsse Südasiens

16.08.2016

und am Kailash befindet sich die Nahtstelle zwischen der eurasischen – und indisch-australischen Kontinentalplatte.

Der heilige Berg Kailash – im Sanskrit heisst Kailash leuchtender Kristall –  liegt im Zentrum eines Gebiets, das für den gesamten Wasserlauf des tibetischen Hochlands von grösster Bedeutung ist.

Stupas und Sicht auf den heiligen Berg Kailash, Nordseite © GNU Free Documentation License
Stupas und Sicht auf den heiligen Berg Kailash, Nordseite © GNU Free Documentation License, Yasunori Koide

Um den Kailash entspringen die fünf grossen Flüsse: der Indus im Norden, der Yarlung Tsangpo im Osten, der weiter stromabwärts zum Brahmaputra wird, der Satluj im Westen, der Ganges im Südwesten und im Süden der Karnali. Diese aussergewöhnliche Situation entstand durch eine Hebung des Kailash zu einer Zeit als der Himalaya erst langsam im Entstehen war.

Die fünf Flüsse, die im Gebiet des Kailash entspringen
Die fünf Flüsse, die im Gebiet des Kailash entspringen

Der berühmte Schweizer Geologe, Augusto Gansser, entdeckte 1936, getarnt als buddhistischer Pilger, die Nahtstelle zwischen der indisch-australischen -und eurasischen Platte. Das war eine Entdeckung mit Tragweite, wenn wir uns vor Augen führen, dass zu jener Zeit die Theorie der Kontinentalverschiebung, die erstmals von Alfred Wegener 1912 aufgestellt wurde, unter der geologischen Gemeinschaft heftig diskutiert wurde. Später entwickelte sich die Theorie der Kontinentalverschiebung zur Theorie der Plattentektonik, die in den 1960er Jahren entscheidend weiterentwickelt wurde.

Wichtig sind diese Theorien um eine Vorstellung von der Dynamik der Erde zu gewinnen. 

Mittlerweile wissen wir, dass die Erdkruste aus mehreren grossen und zahlreichen kleineren Krustenplatten besteht. Diese Platten bewegen sich voneinander weg, reiben aneinander oder eine Platte wird unter die andere geschoben, sodass sich die auf ihnen liegenden Kontinente bewegen. Die sogenannte Kontinentaldrift wird von Materialströmungen im weicheren, unter der Erdkruste liegenden Erdmantel verursacht. Die Strömungen im Erdmantel sind sogenannte Konvektionsströme und sorgen dafür, dass heisses, flüssiges Magma an die Oberfläche steigt und die Platten antreibt.

Dies kann man auch beobachten, wenn man Milch in sehr heissen Kaffee gibt. Es entstehen dann kleine Konvektionszellen aus aufsteigender und absinkender Milch. Nach dem gleichen Prinzip bewegen sich auch im Erdmantel die Gesteinsmassen, so nimmt man an!

Beim nächsten Morgenkaffee lässt sich dieses Phänomen mal gründlich studieren und in Bezug auf die Erdkonvektion empfiehlt sich folgender Film:

>> Plattentektonik


Das rätselhafte "Dach der Welt"

09.08.2016

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die britische Kronkolonie Indien zum grössten Teil erforscht, kartographiert und von Eisenbahnlinien durchzogen. Weitgehend unbekannt aber war noch immer das geheimnisumwitterte Tibet. Dort lebten die Menschen in einem feudalen System unter der Herrschaft der Lamas mit einem Priesterkönig, dem Dalai Lama, als geistiges Oberhaupt. Für Ausländer war Tibet ein streng verbotenes Land.

Potala Palast
Potala Palast

Als die tibetischen Herrscher Verhandlungsangebote der britischen Regierung über politische Kontakte ignorierten, führte dies 1903 zum britischen Tibetfeldzug. Lhasa, auf 3600 Meter Höhe damals die höchstgelegene Hauptstadt, wurde vorübergehend besetzt. Der 13. Dalai Lama floh in die Mongolei. Nun kamen erstmals Augenzeugenberichte und Fotos von Tibet und seiner Hauptstadt nach Europa.

Forscher wie Sven Hedin konnten nun, wenn auch noch unter vielen Schwierigkeiten, nach Tibet reisen und verlässliche wissenschaftliche Informationen sammeln. Eine der schillerndsten Persönlichkeiten, die aufbrachen, die Wunder Asiens persönlich zu erfahren, war die Französin, Alexandra David-Néel (1868–1969).

Alexandra David-Neel, © Preus Museum
Alexandra David-Neel, © Preus Museum

1911 startete sie zu ihrer zweiten Asienreise, die 14 Jahre dauern sollte. Sie durchwanderte als bettelnde Pilgerin den Himalaya, lebte zwei Jahre als Einsiedlerin in einer Steinhütte auf 4000 Metern und wurde in den Stand einer Lamina erhoben. Später überquerte sie von China aus zu Fuss das Himalaya Gebirge. Als Nonne verkleidet erreichte sie als erste Europäerin 1924 die verbotene Stadt Lhasa. Trotz ihres Status als Lama musste sie sich mit Russ und Schmutz tarnen, um im noch immer für Ausländer verbotenen Tibet nicht als Europäerin erkannt zu werden. Zwei Monate weilte sie in der sagenumwobenen Hauptstadt. Ihre Reisebücher lesen sich heute noch wie Abenteuerromane und sind sehr empfehlenswert.

Das Forschen zu jener Zeit umfasste alle wissenschaftlichen Disziplinen. Später sollte gezieltere Feldforschungen betrieben werden. So reiht sich der Schweizer Geologe, Augusto Gansser, auch Baba Himalaya genannt, unter die Bedeutenden.

Augusto Gansser 1933, © ETH-Bibliothek
Augusto Gansser 1933, © ETH-Bibliothek

Gansser begab sich 1936 zusammen mit Arnold Heim auf die erste Schweizer Himalaya-Expedition, die acht Monate dauerte. Dabei entdeckte er die geologische Nahtstelle zwischen der indischen – und der eurasischen Platte am Fusse des Kailash. Er war der erste Geologe, der diesen heiligen Berg in Tibet erforschte. Da das Betreten Tibets damals für Ausländer immer noch verboten war, unternahm Gansser die Umrundung des Kailash von indischem Boden aus als buddhistischer Pilger.

Der heilige Berg Kailash, © Augusto Gansser
Der heiligste Berg der Welt, Kailash, ist 6700 m hoch. 1936 fotografiert von Augusto Gansser auf seiner Pilgerreise durch das verbotene Tibet, © Augusto Gansser

 


Das rätselhafte „Dach der Welt“

09.08.2016

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die britische Kronkolonie Indien zum grössten Teil erforscht, kartographiert und von Eisenbahnlinien durchzogen. Weitgehend unbekannt aber war noch immer das geheimnisumwitterte Tibet. Dort lebten die Menschen in einem feudalen System unter der Herrschaft der Lamas mit einem Priesterkönig, dem Dalai Lama, als geistiges Oberhaupt. Für Ausländer war Tibet ein streng verbotenes Land.

Potala Palast
Potala Palast

Als die tibetischen Herrscher Verhandlungsangebote der britischen Regierung über politische Kontakte ignorierten, führte dies 1903 zum britischen Tibetfeldzug. Lhasa, auf 3600 Meter Höhe damals die höchstgelegene Hauptstadt, wurde vorübergehend besetzt. Der 13. Dalai Lama floh in die Mongolei. Nun kamen erstmals Augenzeugenberichte und Fotos von Tibet und seiner Hauptstadt nach Europa.

Forscher wie Sven Hedin konnten nun, wenn auch noch unter vielen Schwierigkeiten, nach Tibet reisen und verlässliche wissenschaftliche Informationen sammeln. Eine der schillerndsten Persönlichkeiten, die aufbrachen, die Wunder Asiens persönlich zu erfahren, war die Französin, Alexandra David-Néel (1868–1969).

Alexandra David-Neel, © Preus Museum
Alexandra David-Neel, © Preus Museum

1911 startete sie zu ihrer zweiten Asienreise, die 14 Jahre dauern sollte. Sie durchwanderte als bettelnde Pilgerin den Himalaya, lebte zwei Jahre als Einsiedlerin in einer Steinhütte auf 4000 Metern und wurde in den Stand einer Lamina erhoben. Später überquerte sie von China aus zu Fuss das Himalaya Gebirge. Als Nonne verkleidet erreichte sie als erste Europäerin 1924 die verbotene Stadt Lhasa. Trotz ihres Status als Lama musste sie sich mit Russ und Schmutz tarnen, um im noch immer für Ausländer verbotenen Tibet nicht als Europäerin erkannt zu werden. Zwei Monate weilte sie in der sagenumwobenen Hauptstadt. Ihre Reisebücher lesen sich heute noch wie Abenteuerromane und sind sehr empfehlenswert.

Das Forschen zu jener Zeit umfasste alle wissenschaftlichen Disziplinen. Später sollte gezieltere Feldforschungen betrieben werden. So reiht sich der Schweizer Geologe, Augusto Gansser, auch Baba Himalaya genannt, unter die Bedeutenden.

Augusto Gansser 1933, © ETH-Bibliothek
Augusto Gansser 1933, © ETH-Bibliothek

Gansser begab sich 1936 zusammen mit Arnold Heim auf die erste Schweizer Himalaya-Expedition, die acht Monate dauerte. Dabei entdeckte er die geologische Nahtstelle zwischen der indischen – und der eurasischen Platte am Fusse des Kailash. Er war der erste Geologe, der diesen heiligen Berg in Tibet erforschte. Da das Betreten Tibets damals für Ausländer immer noch verboten war, unternahm Gansser die Umrundung des Kailash von indischem Boden aus als buddhistischer Pilger.

Der heilige Berg Kailash, © Augusto Gansser
Der heiligste Berg der Welt, Kailash, ist 6700 m hoch. 1936 fotografiert von Augusto Gansser auf seiner Pilgerreise durch das verbotene Tibet, © Augusto Gansser

 


Sommer-Quiz bis 18. August: Mitmachen und tolle Preise gewinnen

03.08.2016

Für alle Daheimgebliebenen und Rätselfreunde haben wir ein kleines Quiz zusammenstellt. Beantworten Sie einfach die Fragen zu den Bildern. Einen Hinweis auf die Lösung erhalten Sie, wenn Sie auf das Bild klicken.

Mitmachen geht so: Zu jedem der Bildausschnitte gibt es drei Lösungsvorschläge. Notieren Sie sich den Buchstaben der richtigen Antworten in der Reihenfolge der Fragen. Senden Sie die Lösung an blog@nagra.ch.

 

Und das gibt es zu gewinnen:

• Multifunktions-Taschenlampe
• Powerbank
• Je ein Taschenmesser mit oder ohne Licht
• Regenschirm

Sommerquiz 2016 der Nagra. Mitmachen und gewinnen.

Sie rätseln – wir machen Ferien: Ab 19. August gibt es wieder Beiträge rund um die Arbeit der Nagra.

 

Frage 1: Am 25. Februar 2016 wurde die letzten Messungen einer Untersuchungskampagne in Zürich Nordost durchgeführt. Was waren das für Messungen?

Sommer-Quiz 2016 der Nagra. Mitmachen und gewinnen.

A     Seismik-Messungen
B     Erdwärme-Messungen
C     Luftdruck-Messungen

 

Frage 2: Mittels neuartiger Oculus-Technologie können Sie an unserem Ausstellungsstand eine virtuelle Reise unternehmen. Wohin führt diese?

Sommer-Quiz 2016 der Nagra. Mitmachen und gewinnen.

A     In ein Tiefenlager und in die Zukunft
B     An einen Strand
C     In das Weltall

 

Frage 3: Am 29. Februar ist der neue Blog der Nagra online gegangen. Wie viele Personen sind im Bild des Startbeitrags zu sehen?

Sommer-Quiz 2016 der Nagra. Mitmachen und gewinnen.

A     4
B     10
C     9

 

Frage 4: Mit diesem Gerät kann man in den Untergrund horchen. Wie heisst es?

Sommer-Quiz 2016 der Nagra. Mitmachen und gewinnen.

A     Geofon
B     Stethoskop
C     Geoskop

 

Frage 5: Sie sehen hier eine Versteinerung einer ausgestorbenen Art. Zu welcher Tiergruppe gehörte diese?

Sommer-Quiz 2016 der Nagra. Mitmachen und gewinnen.

A     Ammoniten
B     Schnecken
C     Fisch

(Titelbild:  © Xefksx, Dreamstime.com)

 

Teilnahmebedingungen

Teilnahmeberechtigt am Quiz sind alle Personen. Durchgeführt wird das Quiz vom Nagra Blog der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, Wettingen. Das Quiz dauert vom Mittwoch, 3. August 2016 bis und mit Donnerstag, 18. August 2016 (Einsendeschluss). Die Teilnehmenden senden die Antworten auf die fünf Fragen per E-Mail an blog@nagra.ch. Die Ziehung der Gewinner erfolgt am Freitag, 19. August 2016. Bei mehreren Teilnehmenden mit allen richtigen Antworten werden die Gewinner per Los ermittelt. Die Preise werden nicht bar ausbezahlt. Die Benachrichtigung über einen Gewinn erfolgt an die bei der Teilnahme angegebene E-Mail-Adresse. Diese wird ausschliesslich zur Benachrichtigung der Gewinner verwendet. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen und über das Quiz wird keine Korrespondenz geführt. Diese Teilnahmebedingungen werden mit der Teilnahme am Quiz akzeptiert.


Das Rütli, der Bundesbrief und die Entstehung der Schweiz

02.08.2016

Die Legende verbindet mit der Rütliwiese im Herzen der Schweiz den Bund der drei Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden sich gegenseitig Hilfe gegen fremde Herrscher zu leisten. Dies soll 1291 geschehen sein. Es verkörpert das urschweizerische Ideal von Selbstbestimmung, Selbstverteidigung und Demokratie. Das Rütli ist und bleibt Aufhänger, Dreh- und Ankerpunkt der nationalen Identität, denn die Schweiz versteht sich als „Willensnation“; sie bildet weder ethnisch, sprachlich noch religiös eine Einheit. Im Jahr 1860 kaufte die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft die Wiese und schenkte sie der Schweizerischen Eidgenossenschaft «als unveräusserliches Nationaleigentum».

rütliwiese Fresko: Rütlischwur in der Tellskapelle

Links: Rütliwiese geschmückt für den Nationalfeiertag; Rechts: der Rütlischwur, Fresko der Tellskapelle

1291 war ein Jahr unter vielen

Einigkeit über das Gründungsjahr bestand lange nicht. Das Thema kam Ende der 1880-er Jahre wieder aufs Tapet, als sich nämlich Bern, die neue Bundesstadt der modernen Schweiz, anschickte, 1891 den 700. Jahrestag ihrer Stadtgründung von 1191 zu feiern. Die katholischen Innerschweizer Kantone störten sich an der eigenmächtigen Feier in der reformierten Bundesstadt. Sie forderten auch eine nationale Gründungsfeier. Die Konkurrenz von gleich drei Gründungsjahren – 1291, 1307, 1315 – machte die Terminierung allerdings schwierig. Die Mehrheit der liberalen Kantone votierte schliesslich für Schwyz und 1291. Im inoffiziellen Auftrag des Bundesrates formulierte der Zürcher Historiker, Wilhelm Oechsli, 1891 die Entstehungsgeschichte der alten Schweiz neu und erklärte die Schwyzer Urkunde von 1291 zum «Stiftungsbrief der schweizerischen Eidgenossenschaft».

Violà! Aber wieso der 1. August?

Seit dem frühen 20. Jahrhundert ist das Jahr 1307 als Datum des Rütlischwurs immer mehr in den Hintergrund getreten und der 1889 begründete Schweizer Bundesfeiertag am 1. August – aufgrund der Datierung des Bundesbriefs von 1291 – setzte sich immer mehr durch. Seit 1994 ist der 1. August als Schweizer Nationalfeiertag gesamtschweizerisch auch zum arbeitsfreien Tag erhoben worden!

Rütliwiese und Seelisberg dahinter die Urner-Bergkulisse
Rütliwiese und Seelisberg dahinter die Urner-Bergkulisse

Auch für Geologen ist die Landschaft um die Rütliwiese ein Leckerbissen.

 

Zwischen Mythen, Fronalpstock und den Urner Alpen liegen Verwerfungen und Aufschichtungen aus der kontinentalen Frühzeit. Zu beiden Ufern des Urnersees lassen sich diese massiven Verbiegungen der Gesteinsschichten mit ihren Rissen und Klippen gut erkennen. Die Erdgeschichte erklärt sich hier ohne Worte, das genaue Hinsehen reicht! Wirklich?

Die ältesten überlieferten Zeichnungen zum Gebirgsbau des nördlichen Kantons Uri wurden vom angehenden Arzt Johannes Scheuchzer und dem italienischen Graf Luigi Fernando Marsigli angefertigt. Der berühmtere Bruder von Johannes Scheuchzer, der Universalgelehrte und Fossilienkundler Johann Jakob Scheuchzer übernahm die Darstellungen.

Die Deutung dieser Phänomene liest sich wie folgt:

„Das Zeugnis der Sünd-Fluth ist in die harteste Felsen eingeschrieben; Beschaue die in ordentliche Lager (Schichten) getheilte, und aus denselben gleichsam aufgebaute Berge, so sind sie augenscheinlich von irdischen Theilen entstanden, welche durch eine sehr hohe Wassersäule sich anfaenglich gesetzet, so dann aber wieder gebrochen und aufgehoben worden.“

Geologie des Urnersees von Johann Jakob Scheuchzer
Geologie des Urnersees von Johann Jakob Scheuchzer

Die gebankten Kalkablagerungen wurden richtigerweise als Ablagerungen in tiefem Wasser gedeutet, welche später verformt und gehoben wurden. Diese aus der Naturbeobachtung abgeleitete Interpretation wurde zu jener Zeit entsprechend der damaligen Weltanschauung in einen Zusammenhang mit der biblischen Sintflut gebracht.

Der Urnersee und das Rütli sind wahrlich mystische Orte!