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Ein See voller Geheimnisse!

Im äussersten Osten der Türkei, in den Provinzen Van und Bitlis an der Grenze zu Iran liegt der Vansee. Sein Wasser ist stark alkalisch, da der einstige Abfluss durch den Vulkan Nemrut Dağı am Westufer vor etwa 1 Million Jahre versperrt wurde. Der Nemrut Dağı ist nach dem sagenhaften König Nimrod benannt, wobei der armenische Name „Bergquell“ bedeutet und eher zutrifft. Der See, der im Neogen entstanden ist, misst heute 120 auf 80 km, ist 457 m tief und liegt auf etwa 1’700 Metern. Gespeist wird er von den Flüssen der umliegenden Berge. Zudem ist es der grösste Sodasee der Welt.

Der Berg Çadır Dağı von der Insel Akdamar im Vansee/Osttürkei aus Richtung NW gesehen. Auf der Insel befindet sich die armenische Kirche zum Heiligen Kreuz © Creative Commons Attribution 2.0 Generic
Der Berg Çadır Dağı von der Insel Akdamar im Vansee/Osttürkei aus Richtung NW gesehen. Auf der Insel befindet sich die armenische Kirche zum Heiligen Kreuz © Creative Commons Attribution 2.0 Generic

Der See hat eine einzige endemische Fischart, die Karpfenart Chalcalburnus tarichi, die im Brackwasser lebt. Allerdings ist sie stark bedroht. Berühmt sind auch die Vankatzen, eine Katzenart, die freiwillig ins Wasser geht und schwimmt.

Legende und Geschichte

Eigentlich wollten die Archäologen der Van Yüzüncü Yıl University auf ihren Tauchgängen einer Legende auf die Spur kommen, laut derer im See ein saurierähnliches Tier leben soll – ähnlich dem Loch Ness in Schottland. Das fanden sie zwar nicht, dafür kilometerlange, gewaltige Mauern einer Festung aus der Bronzezeit. Obwohl sie vor etwa 3000 Jahren erbaut wurde und unter Wasser liegt, ist sie erstaunlich gut erhalten. Datiert ist sie jedoch noch nicht.

Es wird vermutet, dass die Festung ein Relikt aus dem Königreich Urartu ist, einer Zivilisation, die auf das neunte bis sechste Jahrhundert v. Chr. datiert wird. Das Königreich siedelte während der regionalen Bronze-/Eisenzeit um den See und errichtete zahlreiche Festungen. Ihr Herrschaftsgebiet umfasste neben der heutigen Türkei auch Armenien und Iran. Bekannt ist etwa Erebuni in Armenien, eine Anlage aus dem achten Jahrhundert v. Chr..

Der grösste See der Türkei lüftet damit ein lange gehütetes Geheimnis. Die Vermutung, dass auf dem Grund des Vansees etwas Aussergewöhnliches zu finden ist, gibt es schon länger, denn in der Umgebung des Sees, an den bergigen Seeufern fanden die Archäologen immer wieder Reste historischer Siedlungen. Der Wasserpegel des Vansees schwankt seit Jahrtausenden stark. Während der Zeit des Urartäischen Reichs stand das Wasserstand wahrscheinlich deutlich tiefer als heute. So kann man annehmen, dass Siedlungen und Festungsanlagen als Folge des schwankenden Wasserstandes immer wieder aufgegeben wurden.

Geologische Untersuchungen

Gestützt wird die Vermutung stark schwankender Wasserstände durch neuste Forschungsergebnisse einer internationalen Forschergruppe angeführt von der Eawag und der Uni Bern. Auf Grund des unterschiedlichen Salzgehalts im Porenwasser der Sedimentkerne aus dem Vansee konnten die Seespiegelschwankungen der letzten 250‘000 Jahre von bis zu 200 m unter- und 105 m oberhalb des aktuellen Seespiegels rekonstruiert werden.

Weil im See absolut betrachtet immer gleich viel Salz gelöst ist, sinkt der Salzgehalt pro Liter Wasser mit steigendem Volumen und umgekehrt. Und weil die Geometrie des Sees vermessen wurde, kann aus den berechneten Volumen auf den Seespiegel geschlossen werden.

Während Zeiten höchster Wasserstände hat der See im Südwesten wahrscheinlich einen Abfluss zum Tigris gehabt. Mit dem abfliessenden Wasser muss der Salzgehalt stark gesunken sein ­– ein Befund, der durch Schalen von Süsswassermuscheln in den Seeablagerungen gestützt wird.

Bei geschlossenem Becken wird die Wasserbilanz des Sees nur von den Zuflüssen und der Verdunstung bestimmt. Dies erlaubt eine Rekonstruktion des Auf und Ab des Seespiegels und damit auch Rückschlüsse auf das Niederschlagsregime im Einzugsgebiet. In der Nähe steht mit dem Berg Ararat jener biblische Ort, wo nach der Sintflut die Arche Noah gestrandet sein soll.

Die Festung im Vansee

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