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Der verborgene Teil der Churfirsten

Man kann die harte Tour wählen und in acht Stunden von Zwinglis Geburtshaus in Wildhaus hinüber nach Amden-Arvenbüel wandern. Oder für die, die sanfte Gipfelerfahrung mögen, lässt sich der Selun, der sanfteste der Churfirsten, in einer Stunde ab Strichboden leicht erreichen. Dies ist umso empfehlenswerter, als hier ein unvergesslicher Rundblick vom Alpstein in den Alpenbogen möglich ist ohne extreme Leistung zu erbringen. Auf dem Weg zu den Gipfeln wird auch derjenige belohnt, der seine Blicke nicht vom Boden heben mag. Ihm enthüllen sich Einblicke in ein beeindruckendes Höhlensystem.

Wanderrouten im Obertoggenburg
Wanderrouten im Obertoggenburg

Auf dem Weg zum Selun Gipfel darf man das Wildmannlisloch nicht vergessen. Es ist ein ausgedehnter Höhlenkomplex im Seewerkalk. Von ihm wissen wir, dass er von Höhlenbären und später wahrscheinlich von Neandertalern zeitweilig bewohnt wurde.

Das Wildmannlisloch © Adrian Michael, CC BY 2.5
Das Wildmannlisloch © Adrian Michael, CC BY 2.5

Bekannt sind auch die „Donnerlöcher“ Wart-, Muelten-, Stumpen- und Böschen-Donnerloch westlich vom Selun. Sie sind geräumige, vertikale Schächte im Schrattenkalk bis zu 176 m tief, aber ohne nennenswerte Horizontalausdehnung. Auf der Alp Selamatt befindet sich das 280 m tiefe Rauchloch und die Köbelishöhle mit ihrem 154 m tiefen Schacht. Die Eingänge dieser Höhlen liegen in den Sandsteinen der Garschella-Formation, einige Meter über dem Schrattenkalk. Die längste Höhle in den Churfirsten ist das Selunhöhlensystem Windloch, Zigerloch, Seeloch und Blockschacht, das seit 1934 erforscht wird. In den Achzigerjahren wurde der 327 m tiefe Sibirschacht am Fusse des Zuestolls gefunden. Die tiefste Höhle ist das Seichbergloch, das schon seit 1969 bis auf 428 m Tiefe bekannt war. Überdies ist das Seichbergloch morphologisch interessant, weil es entlang der Schichtgrenze zwischen Seewerkalk und Garschella-Formation verläuft.

Geologisches Profil beim Chäsererugg Churfirsten © Heim 1917
Geologisches Profil beim Chäsererugg Churfirsten © Heim 1917

Hydrogeologie

Das meiste Wasser, das auf der fast gewässerlosen Nordflanke der Churfirsten versickert, fliesst auf unterirdischen Fliesswegen entgegen der Schichtneigung zur Rinquelle bei Betlis. Diese Quelle erreicht Spitzenabflüsse von 30’000 Litern pro Sekunde, ist allerdings nur der Hochwasserüberlauf von Quellen, die etwas weiter westlich unter der Oberfläche des Walensees liegen. In der Schlucht, in der die Seerenbachfälle ob Betlis imposant in die Tiefe stürzen, tritt auch die Rinquelle ans Tageslicht. Die Rinquelle ist der Eingang zu einer grossen Höhle, die seit 1953 erforscht wird. Zurzeit hat sie eine vermessene Länge von 1,92 km bei einer Höhendifferenz von 33 m, wovon mehr als 1,8 km unter Wasser verlaufen. Die Höhle liegt überwiegend im Betliskalk (Unterkreide) der Säntisdecke. Rund drei Kilometer vom Höhleneingang entfernt befindet sich eine Abzweigung, wo Wasser im Bergesinnern verschwindet. Wohin? Das bleibt vorerst wohl ein Geheimnis.

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