logo
nagra-blog
  | 29.08.2017

Vom Geologen zum Entwicklungshelfer

100 Jahre sind es her, seit Toni Hagen in Luzern das Licht der Welt erblickte. Im fernen Nepal kennt ihn jeder, in seiner Heimat muss er in Erinnerung gerufen werden. Toni Hagen, der Ingenieur-Geologe, wurde ein bedeutender, aber nonkonformer Entwicklungshelfer, der zu Lebzeiten im eigenen Land verkannt war und erst nach seinem Tod rehabilitiert wurde.

Von Beruf war er Wissenschaftler, von Berufung Vordenker einer modernen Entwicklungshilfe. Sein Einsatz für die Menschlichkeit war immens.

Toni Hagen: 17.8.1917 – 18.4.2003, © Toni Hagen Stiftung
Toni Hagen: 17.8.1917 – 18.4.2003, © Toni Hagen Stiftung
Geologe Toni Hagen mit Träger, im Hintergrund der Kanchenzönga, © Archiv Katrin Hagen
Geologe Toni Hagen mit Träger, im Hintergrund der Kanchenzönga, © Archiv Katrin Hagen
Der Geologe mit seinen Gehilfen beim Sammeln von Gesteinsproben, © Archiv Katrin Hagen
Der Geologe mit seinen Gehilfen beim Sammeln von Gesteinsproben, © Archiv Katrin Hagen
Der Geologe im Feldlabor umringt von interessierten Einheimischen, © Archiv Katrin Hagen
Der Geologe im Feldlabor umringt von interessierten Einheimischen, © Archiv Katrin Hagen
Toni Hagen zusammen mit Tibetern, © Archiv Katrin Hagen
Toni Hagen zusammen mit Tibetern, © Archiv Katrin Hagen

Schlüsselerlebnis

Auf selbstgebastelten Skiern lernte Toni Hagen in Begleitung seines Vaters die Berge kennen und lieben. 10-jährig war er, als 1927 ein Vortrag eines holländischen Forschers über den Himalaya seine Weiche stellte. Zur Lektüre wurden die Publikationen von Albert Heim und die spannenden Expeditionsberichte Sven Hedins, des Entdeckers des Transhimalaya.
Als Ingenieur-Geologe verliess er die ETH 1941, um 1945 Forschungsassistent am Geodätischen Institut und 1950 Mitglied des Entwicklungshilfeprojekts in Nepal zu werden.

14 000 Kilometer Fussmarsch!

1950 ging sein Traum in Erfüllung: Unter dem Patronat der ETH reiste er nach Nepal, in das abgeschottete Hindu-Königreich am Himalaya. Es war ein Pilottest für Entwicklungshilfe in aussereuropäischen Gefilden. Sein Interesse an der fremden Kultur war so gross, dass er Nepali lernte. Nach Ablauf der Mission für die Eidgenossenschaft blieb er zuerst im Auftrag des Königs von Nepal als Geologe. Seine geologische Feldforschung im «Land ohne Strassen» liessen ihn 14 000 Kilometer zu Fuss bewältigen, was ihn 40 Paar Schuhe kostete. Anschliessend als Uno-Beauftragter für Planungsgrundlagen von Strassen, Kraftwerkbau und allgemeine Entwicklungspläne erschienen zahlreiche Publikationen über Land und Leute, darunter die ersten zwei offiziellen UNO-Reports über Nepal, der Bildband „Nepal, Königreich am Himalaya“ sowie der Report „Wege und Irrwege der Entwicklungshilfe“.

Vom Geologen zum Entwicklungshelfer

Nachdem China 1959 Tibet annektiert hatte und als Folge des tibetischen Aufstands der Flüchtlingsstrom nach Indien und Nepal einsetzte, wird aus dem geologischen Pilotexperiment ein lebenslanges Engagement für die Menschlichkeit. 1960/61 als IKRK Chefdelegierter für die Flüchtlinge wird er schlagartig vor neue Herausforderungen gestellt, die er nicht nach offiziellem Schema, sondern als praxisbezogener Realist und eigenständig urteilender Denker anging.
Sein Credo: Flüchtlinge nicht entwürdigend als Almosenempfänger in Müssigganglager stecken, sondern ihnen raschmöglichst bezahlte Arbeit verschaffen und so ihr Selbstwertgefühl stärken.
Und so setzte er sich dafür ein, dass die entwurzelten Tibeter in Nepal eine neue Heimat fanden. Und wie er das tat: Er suchte den Dalai Lama im Exil auf, nahm eine an dessen Volk gerichtete Botschaft auf Tonband auf und spielte sie den durch die Vertreibung Verängstigten vor. So konnte er ihr Zutrauen gewinnen und die Flüchtlingsstöme kanalisieren. Den König überzeugte er, den Heimatlosen Siedlungsraum zu geben.
Um sie auf eigene Füsse zu stellen, initiierte er eine Teppichindustrie, die auf über 200 000 Arbeitsplätze anwuchs und zu einem Wirtschaftsfaktor Nepals wurde. Auch die von ihm initiierte Käseherstellung aus Yak-Milch wurde erfolgreich umgesetzt.
Seine Idee für Fussgänger-Hängebrücken im Land der hohen Berge und tiefen Täler wurde sogar zu einem der erfolgreichsten Entwicklungsprojekte der Schweiz schlechthin.

Filme:
1950’s History Of Nepal film by Toni Hagen
Der Ring des Buddhas

Ihre Meinung

Beachten Sie bitte unsere Kommentarrichtlinien.

Der Kommentar darf maximal 500 Zeichen beinhalten.