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  | 20.04.2017

Gold und radioaktive Abfälle in Tschechien

Was haben eine Goldmine und radioaktive Abfälle miteinander zu tun? Im Falle des Felslabors Josef sehr viel.

Während eines privaten Ausfluges konnten meine Freunde und ich den Josefstollen (Štola Josef) besuchen. Dieses tschechische Felslabor liegt etwa eine Stunde von Prag entfernt in Mittelböhmen und gehört zum Institut für Bauingenieurwesen der Tschechischen Technischen Universität Prag (CTU). Als Geologe und selbst Besucherführer war ich besonders gespannt auf die Führung durch Jaroslav Pacovský, den Leiter des Felslabors.

Jaroslav Pacovský
Jaroslav Pacovský vor dem DOPAS-Experiment

Bildung und Forschung

Bevor wir untertag gingen, erklärte uns Jaroslav Pacovský die drei Schwerpunkte des Felslabors: Ausbildung und Training, Forschung und Entwicklung sowie Öffentlichkeitsarbeit. «Im Felslabor und den Anlagen unterrichten wir jedes Jahr rund 1000 Studenten aus unterschiedlichen tschechischen Hochschulen», erzählte der Gastgeber stolz. «Wir bieten auch Kurse für internationale Organisationen wie die IAEO (Internationale Atomenergie-Organisation) an.»

Stollen für Studenten
In diesem Stollen lernen die Studenten den Umgang mit Kernbohrern.

Wir erfuhren, dass das Felslabor durch nationale und internationale Forschungsprojekte finanziert wird. Ein wichtiger Partner sei die für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle in Tschechien verantwortliche SÚRAO, so Jaroslav Pacovský. «Wie die Nagra, so beteiligt sich auch mein Team an EU-Forschungsprojekten wie DOPAS.» Dieses ist ein Demonstrationsexperiment im Massstab 1:1, bei dem Dichtungs- und Verschlusstechnologien für Tiefenlager erprobt werden.

DOPAS Experiment mit Jiří Svoboda
Unter Tag erzählte uns Jiří Svoboda, Stellvertretender Leiter des Felslabors, mehr zum DOPAS-Experiment.

«Die Öffentlichkeitsarbeit ist ein wichtiger Teil des Felslabors», betonte unser Gastgeber. Am Anfang habe es einige Missverständnisse mit der örtlichen Bevölkerung über den Verwendungszweck des Labors gegeben: Es sei der Eindruck entstanden, dass am Standort wieder Gold (vgl. unten) abgebaut werden solle. Um so etwas in Zukunft zu verhindern, habe man das Felslabor für Interessierte geöffnet, so Jaroslav Pacovský.

Going underground

Nach dem Vortrag wurden wir in einem kleinen Häuschen neben dem Stolleneingang für die Fahrt untertage ausgerüstet. Signaljacke, Grubenhelm und –lampe, waren mir von meiner früheren Tätigkeit im Bergbau bestens bekannt. Durch den zwei Kilometer langen Hauptstollen gelangten wir zum Felslabor, wo uns Pacovský und sein Team durch die engen Gänge führten. Sie zeigten uns zahlreiche Experimente, die sich mit der Lagerung von radioaktiven Abfällen beschäftigen.

Ausrüstung
Neben der offiziellen Ausrüstung durften auch unsere Fotoapparate nicht fehlen (Foto: Margitta Eismann).

Musik in der Tiefe

Das Beste kam zum Schluss: Jaroslav Pacovský führte uns einige Treppen noch oben und bat uns, die Grubenlampen zu löschen. Seine schwache Taschenlampe zeigte uns den Weg. Wir setzten uns auf einige angebotene Stühle und versuchten verzweifelt, irgendetwas in der Dunkelheit zu erkennen. Dann begann ein kleines Konzert mit Lichtshow. Wir sassen am Rand eines hohen Abbaubereiches in 20 Meter Höhe. Der Klang der Musik war äusserst beeindruckend! Nach diesem kurzen aber schönen Konzert ging es wieder zurück ans Tageslicht.
Wir durften eine tolle Führung erleben und bedankten uns beim Abschied herzlich bei Jaroslav Pacovský und seinem Team. Einige davon werde ich wohl bald wieder in der Schweiz treffen, an der Clay Conference.

Goldadern
Die sogenannte Kathedrale ist ein 40 Meter hoher Abbau, der heute für Konzerte genutzt wird. In den weissen Adern ist übrigens das Gold zu finden. Aber der Abbau lohnt sich nicht.

 


Kelten, Gold und das Felslabor Josef

Die Region um das Felslabor hat eine lange Bergbautradition. Bereits die Kelten bauten hier im ersten und zweiten Jahrhundert vor Christus Gold ab. Der Höhepunkt der Goldförderung wurde um das 14. Jahrhundert erreicht, bevor der Bergbau rund 200 Jahre später zum Erliegen kam. Erst in den 80er- und 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts entschied sich die damalige Tschechoslowakei, das Gebiet wieder für den Goldabbau zu erkunden. Dabei wurde auch ein Erkundungsbergwerk mit insgesamt 8000 Meter Stollenlänge gebaut, der Josefstollen. Das Projekt wurde aber wegen Umweltbedenken und der geringen Menge an förderbarem Gold («nur» 130 Tonnen) eingestellt. 2007 wurde der Josefstollen als Felslabor wiedereröffnet.

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