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  | 25.11.2016

Jungforscher im Felslabor Grimsel

Die 28-jährige Berrak Firat Lüthi aus der Türkei und der 24-jährige Carlos Soares aus dem Tessin absolvieren ein Praktikum bei der Nagra. Seit August forschen die beiden im Felslabor Grimsel. «MoDeRn 2020» – so der Name des EU-Projektes, an dem sie seit diesem Sommer arbeiten. Das Ziel von MoDeRn 2020 ist es, Grundlagen für ein Überwachungsprogramm für geologische Tiefenlager weiter zu entwickeln.

«Den ganzen Tag ohne Tageslicht auszukommen, kann ganz schön anstrengend sein», sagt Carlos. Es ist 11 Uhr vormittags. 11 Uhr an einem regnerischen Mittwochvormittag. 450 Meter unter der Erdoberfläche spiele die Tageszeit keine Rolle, meint Berrak. Auch das Wetter ist hier unten nebensächlich. Das Felslabor Grimsel bei Guttannen ist eines der ältesten unterirdischen Felslabore der Welt. Hier tief unter der Erdoberfläche wird für die geologische Tiefenlagerung geforscht. Und das seit mehr als 30 Jahren.

Berrak Firat Lüthi

Berrak ist 28 Jahre alt. Sie stammt aus der Türkei. Aus Ankara. Dort hat sie ihren Bachelor in Ingenieurgeologie absolviert. «Für mein Masterstudium bin ich in die Schweiz gezogen, da die ETH Zürich einen sehr guten Ruf geniesst», so Berrak. Das ist aber nur einer der Gründe. Es sei auch ihr Schweizer Mann gewesen, der sie hierher geführt habe, ergänzt sie lächelnd. Seit August arbeitet Berrak im Felslabor. Über das Wochenende fährt Sie jeweils nach Hause. Über ihrer Kleidung trägt Berrak eine neongelbe Jacke. Eine Jacke wie sie auch auf Baustellen getragen wird. Ihre langen Haare fallen ihr locker zusammengebunden über die linke Schulter.

Carlos Soares

Der 24-jährige Carlos ist geboren und aufgewachsen in Lugano. Carlos ist gross, seine Haare fallen ihm tief ins Gesicht. Genau wie Berrak, ist auch er Ingenieurgeologe. Oder besser gesagt auf dem Weg dahin. Er befindet sich im 2. Masterstudienjahr an der ETH Zürich. Im letzten Masterjahr sei ein dreimonatiges Praktikum obligatorisch, erklärt Carlos. Und da die ETH in verschiedenen Bereichen mit der Nagra zusammenarbeite, habe er sich bei der Nagra beworben. Obwohl er praktische Tätigkeiten liebe – und das muss man als Ingenieurgeologe – könne er sich nach seinem Studium auch gut vorstellen, in der Forschung Fuss zu fassen, sagt Carlos weiter.

«MoDeRn 2020»

Elf längliche Holzkisten liegen auf dem Boden des Felslabors. Sie alle gehören zu dem Experiment, an dem Berrak und Carlos arbeiten. Das einzige, was sie verbindet ist ein dünnes, rotes Kabel. Es handle sich um ein optisches Glasfaserkabel, das die Temperaturverteilung in den Holzkisten misst, erklärt Berrak. Alle Kisten sind gefüllt mit einem granulierten Bentonitmaterial. Bentonit ist ein durch Verwitterung vulkanischer Asche entstandenes Tongestein. Es besitzt ähnliche Eigenschaften wie der Opalinuston und soll in einem zukünftigen Tiefenlager als Verfüllmaterial eingesetzt werden. Die Kisten sind zwar alle mit Bentonit gefüllt, unterscheiden sich aber in ihrer Packungsdichte und ihrem Wassergehalt. «Uns interessiert, in wie weit man die Glasfasermesstechnik bei unterschiedlichen Materialeigenschaften des Bentonits einsetzen kann, um Wärmeleitfähigkeit, Dichte und Wassergehalt zu bestimmen», erklärt Carlos. Die Glasfasermesstechnik sei ein neuartiges und sehr vielversprechendes Sensorsystem, sagt Berrak. Glasfasersensoren haben keine Elektronik am Messpunkt. Zudem können sie Temperaturprofile über grosse Distanzen und mit einer hohen räumlichen Auflösung messen. In Berrak und Carlos Experimenten wird das Glasfaserkabel elektrisch aufgeheizt. Während dem Experiment werden das Glasfaserkabel und damit auch der umliegende Bentonit aufgeheizt und danach wieder abgekühlt. Da der Bentonit in den Boxen unterschiedliche Dichten und Wassergehalte aufweist, heizt er sich nicht überall gleichermassen auf. Es entstehen thermische Variationen. Aus diesen Unterschieden lassen sich Wärmeleitfähigkeit, Dichte und Wassergehalt des Bentonits bestimmen. Diese drei Parameter sind wichtige Grössen bei der Überwachung eines Tiefenlagers.

«MoDeRn 2020» (Monitoring Developments for safe Repository operation and staged closure) ist ein vierjähriges Forschungsprojekt und Teil von «Horizon 2020», ein EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation. Unter dem Begriff MoDeRn 2020 laufen verschiedene internationale Forschungsarbeiten zusammen. Ziel ist es, wirksame Monitoringprogramme für geologische Tiefenlager zu entwickeln. 28 Organisationen aus Europa und Japan sind daran beteiligt.

Ein Besuch, der sich lohnt

15:30 Uhr. Der Arbeitstag neigt sich langsam dem Ende zu. Berrak und Carlos sitzen noch an ihren Laptops und tippen die letzten Daten des heutigen Tages ein. Danach verlassen sie das Felslabor in Richtung Tageslicht. Noch immer regnet es. Die zerklüfteten Felsflanken ragen steil in den von Wolken geschwängerten Himmel. Grau in grau – der Übergang von Gestein und Himmel. Nahtlos. Bei schönem Wetter ist die Aussicht hier oben am Übergang vom Berner Oberland ins Oberwallis einfach nur atemberaubend. Aber wie Berrak schon sagte: «Im Felslabor spielt das Wetter keine Rolle». Egal ob warm oder kalt, ob es schneit oder wie aus Kübeln giesst. Im Felslabor Grimsel gibt es zwar kein Tageslicht, dafür aber ganzjährig verlässliche Temperaturen von 13 – 14 ° C und vor allem keine nassen Füsse.

Im Felslabor Grimsel können Schülerinnen und Schüler Forschung hautnah miterleben. Sie diskutieren mit Experten über die nukleare Entsorgung und können sich so eine eigene Meinung bilden. Eine Führung durch das Felslabor Grimsel dauert ca. zwei Stunden. Bei Interesse melden Sie sich bei Renate Spitznagel, Telefon: +41 56 437 12 82.

Weitere Informationen zum Experiment finden Sie hier.

 

 

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