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  | 11.05.2016

«Mein Wunsch wäre es, ein 3D-Modell des Tiefenlagers zu erstellen.»

Jens Becker ist Projektleiter für Geowissenschaften bei der Nagra. Das klingt aufs Erste ein wenig unverständlich und vor allem sehr technisch, dahinter steckt jedoch mehr als am Anfang vermutet. Im Gespräch mit ihm erfuhr ich über seine Arbeit, seinen Werdegang und wie er Geologie-Muffel zu begeistern versuchen würde.

Jens Becker erstellt geowissenschaftliche Simulationen. Das heisst auf Deutsch, er führt die Daten zusammen, die aus den Untersuchungen und Experimenten der Nagra anfallen. Diese stammen aus Bohrungen, Seismik-Messungen oder aus der Charakterisierung von Gesteinsschichten, aber auch Befunde über geologische Störzonen und die Wasserzirkulation im Boden gehören dazu.
Um den Gesamtüberblick zu erhalten, müssen alle diese Daten zu einem Modell kombiniert werden, was dann häufig über Jens läuft. Das Ergebnis dieser Arbeit sind dann digitale 3D-Modelle, die alle Ergebnisse zusammenfassen.

Informatik oder Geologie?

Zuerst fiel es ihm schwer, sich nach dem Abitur in Deutschland zwischen Informatik und Geologie zu entscheiden, «aber ich habe dann festgestellt, dass Geologen immer coole Expeditionen und tolle Reisen machen und das hat dann tatsächlich zu meiner Entscheidung geführt», gibt er schmunzelnd zu.
Später folgte dann eine Professur in Geologie und Mineralogie. Jens war dann erst in der Grundlagenforschung tätig. Er räumt ein: «Das ist zwar für Gleichgesinnte interessant, aber für den Rest der Welt nur bedingt.» Genau das ist für ihn jetzt anders, das Thema radioaktive Abfälle sei auch für die Allgemeinheit erwähnenswert.

Die Methoden seiner Arbeit wirken auf mich anfangs etwas repetitiv, Jens meint aber, dass der Beruf ihm immer genügend Abwechslung bietet. «Die Daten, Herausforderungen und Probleme sind immer wieder andere, sodass ich nie das Gefühl habe, bloss am Gleichen zu arbeiten.» Momentan entwickelt er eine Methode, Bohrkerne automatisch zu charakterisieren. Die Erfassung läuft über einen 3D-Scanner, der mit weiteren Messgeräten kombiniert ist, die Informationen zum Beispiel zur chemischen Zusammensetzung der Proben liefern. Wenn die Tiefbohrungen mal anlaufen, muss alles funktionieren und ausgetestet sein, betont er.

3D-Scanner für Bohrkerne
Der 3D-Scanner misst automatisiert und kontaktlos Oberfläche und natürliche Strahlung eines Bohrkerns sowie die im Umfeld herrschende Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftdruck. Quelle: Fachhochschule Nordwestschweiz / Hochschule für Technik, Institut für Automation

Daten auch für Dritte nützlich

Die Nagra selbst brauchen die Daten, welche Jens und sein Team erheben, noch für sehr lange Zeit. Eine Tiefbohrung oder 3D-Seismik-Messungen werden ja auch nicht jeden Tag gemacht. Die Nagra gibt auch Daten an Drittpersonen weiter, zum Beispiel aus den Temperaturmessungen für Geothermie-Bohrungen. Neben dem Bundesamt für Landestopographie sei die Nagra wahrscheinlich eine gute Anlaufstelle für geologische Auskünfte, bemerkt Jens, denn sie könne Daten liefern, zumindest von der Nordschweiz, die sonst wahrscheinlich niemand erfasst habe.

Die Physiker hätten irgendetwas richtig gemacht, merkt er an, als ich ihn frage, ob Geologie nicht eher ein fades Themengebiet sei. «Man liest und sieht häufig Artikel über Quantenphysik oder ähnliches. Voll und ganz versteht das beim Lesen wahrscheinlich niemand, aber alle finden es interessant.» Und das hätten die Geologen leider nicht geschafft, obwohl sie viel mehr machen würden, als die Öffentlichkeit eigentlich wisse, wie er anfügt. «Ich würde Skeptiker mit ins Gelände nehmen und ihnen vor Ort alles zeigen.»

Als ich mich zum Schluss noch erkundige, welches besondere berufliche Ziel er verfolgt, sagt Jens: «Mein Wunsch wäre es, ein 3D-Modell des Tiefenlagers zu erstellen. Dieses würde ich dann gerne vor Ort, also Untertage, überprüfen.»

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