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Natur und Mensch treffen aufeinander!

23.02.2016

Beim Phänomen Naturkatastrophe treffen Natur und Mensch aufeinander, denn erst wenn sich ein Naturereignis in einem gesellschaftlich genutzten Raum abspielt, ergibt sich daraus eine Katastrophe. Dabei sind die Wahrnehmung des Ereignisses durch die Betroffenen und seine Wertung als Katastrophe ausschlaggebend.

Naturgefahren; © Bernd Zeller
Naturgefahren © Bernd Zeller

Im 18. und 19. Jahrhundert häuften sich Naturereignisse mit teils verheerenden Auswirkungen auf Menschen und ihr Hab und Gut. Aber auch im 20. Jahrhundert wurde der Alpenraum mehrmals von Naturkatastrophen heimgesucht.

Der Bergsturz von Goldau vom 2. September 1806 war eine Naturkatastrophe von gewaltigem Ausmass

Der Bergsturz dauerte lediglich ein paar Minuten. Dabei lösten sich rund 30–40 Millionen qm Gestein. Die abgleitende Felsmasse war etwa 1700–2000 m lang, mehrere hundert Meter breit und maximal bis zu 80 m dick. Das Ablagerungsgebiet im Talgrund machte davon etwa 4 km2 aus.

Die stürzende Gesteinsmasse verhielt sich ähnlich wie beim Ausschütten eines Zementsackes und teilte sich im unteren Sturzgebiet in 4 Ströme. Bilanz der Katastrophe waren rund 500 Tote. Die Siedlungen Goldau, Röthen und Teile von Buosingen wurden unter einer 10–50 m mächtigen Schuttschicht begraben. Die Westgrenze des Lauerzersees wurde verschoben, zudem gab es eine Flutwelle die mehrere Opfer forderte. Am Gegenhang an der Rigi-Nordflanke schlugen die Trümmer bis auf knapp 600 m ü. M. hinauf.

Der Rossberg - Goldauer Bergsturz; ©
Goldauer Bergsturz

An der Abrisswand des Goldauer Bergsturzes lässt sich eine auffallende Bänderung und Schichtung der Gesteine beobachten. Dicke, bis 30 Meter hohe, schwer verwitterbare Nagelfluhschichten wechseln mit wenige Meter dicken und leichter verwitterbaren Sandstein- und Mergellagen ab. Schaut man sich die Nagelfluh aus nächster Nähe an, sehen wir, dass sie sich aus vielen runden Bachsteinen zusammensetzt. Dies gibt uns den entscheidenden Hinweis auf ihre Entstehung.

Rossberger Nagelfluh

Diese Gesteine wurden vor 25 Mio. Jahren als Geschiebe aus den im Aufbau begriffenen Alpen auf einem flachen Schuttfächer abgelagert und später verfestigt. Dabei entstand aus grobem Bachgeröll und Kiesfrachten die Nagelfluh. Sande verfestigten sich zu Sandstein und aus feinem Schlamm wurde Mergel. In diesen Geschiebelagen wurden auch jene pflanzlichen und tierischen Reste und Spuren eingelagert, die wir heute als Fossilien wiederfinden können.

Aus heutiger Perspektive betrachtet kam der Goldauer Bergsturz weder unerwartet noch aus heiterem Himmel. Wie Albert Heim in seinem sehr aufschlussreichen und heute noch lesenswerten Werk «Bergsturz und Menschenleben» schildert, waren schon 30 Jahre vor dem Niedergang einzelne Bewohner des Gebietes überzeugt, dass vom Rossberg eine grosse Gefahr ausging. Konkrete Vorzeichen für eine sich anbahnende Katastrophe mehrten sich in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts. Hirten und Holzhauer beobachteten damals am Rossberghang tiefe Risse im Boden, die mit Wasser gefüllt waren und sich von Tag zu Tag erweiterten. Wiederholt war aus dem Wald ein Knallen zu hören. Dieses Geräusch entstand dadurch, dass über Spalten gespannte Wurzeln zerrissen. Dramatisch wurde dann die Lage am 2. September 1806. Nach einer langen Regenperiode lösten sich bereits während des Tages Felsblöcke und rollten den Hang hinunter. In den Wäldern krachte es andauernd und vereinzelt erhoben sich Staubwolken aus dem Gelände bis schliesslich gegen 17 Uhr der ganze Hang ins Rutschen geriet und niederging.

Bergsturz-Schema: EntstehungBergsturz-Schema: SpaltenbildungBergsturz-Schema: Der Fels löst sich am Rossberg

v.l.n.r.: Neben dem Aufbau der Gesteine liegt ein weiterer Schlüssel zur Entstehung des Bergsturzes bei den Eiszeiten. Ein Seitenarm des Reuss-Gletschers hatte das Tal ausgeweitet und dabei die unteren Teile der schräg gestellten Gesteinsschichten abgetragen. Die höher gelegenen Schichten blieben so ohne stützenden Fuss stehen. / Ohne das Widerlager der unteren Schichten wurden die oberen Felspartien nur noch durch Reibung am Hang gehalten. / Im Laufe der Jahre bildeten sich in den Gesteinen Klüfte, durch die Wasser in die darunter liegenden Mergelschichten eindringen konnte und den Mergel allmählich aufzuweichen begann.Nach einiger Zeit wurde die Mergelschicht derart weich, dass sie wie eine Rutschbahn für die darüber liegenden Gesteinsschichten war. Schliesslich rutschen in einer regenreichen Periode die Felsmassen ab und stürzen als Bergsturz ins Tal.

>> Bergsturzgebiet Goldau: Drohnenflug
>> Als der Berg auf das Dorf stürzte: 10vor10


Rundgang durch das Messgebiet Zürich Nordost (Teil 2)

19.02.2016

Impressionen der laufenden 3D-Seismik-Messungen im Standortgebiet Zürich Nordost vermittelt auch der zweite Teil des Rundgangs.


Rundgang durch das Messgebiet Zürich Nordost (Teil 1)

17.02.2016

Die 3D-seismischen Messungen im Standortgebiet Zürich Nordost laufen. Bereits 1997 wurde ein grosses Gebiet des Zürcher Weinlands untersucht. Das aktuelle Messgebiet ist deshalb klein und übersichtlich. Innert kurzer Zeit sieht man auf einem Rundgang praktisch alle Arbeitsschritte: vom Auslegen der Kabel bis hin zur Überwachung der Intensität der Schwingungen.

 

 


Der weltberühmte Drachenstein von Luzern – ein Rätsel!

16.02.2016

„An einem schwülen Sommertag im Jahre 1420 beobachtete in der Gegend von Rothenburg der Bauer Stämpfli, wie ein feuriger Drache dicht über seinem Kopf Richtung Pilatus flog und dabei etwas fallen liess. Als der Bauer nachsah, fand er in einer «Schweti» geronnenes Blut, den hier abgebildeten Stein“, so liest es sich in den Chroniken.

Pilatusdrache und Luzerner Drachenstei; © Abbildung von Johann Leopold Cysat, Luzern 1661
Pilatusdrache und Luzerner Drachenstein auf einer Abbildung von Johann Leopold Cysat, Luzern 1661. Quelle: Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern Sondersammlung

Der Stein wurde von einem Nachkommen Stämpflis 1509 dem Wundarzt Martin Schriber zu Luzern verkauft, welcher sich 1523 vom Schultheiss und Rat der Stadt Luzern die Wunderkraft des Drachensteins in einer Urkunde bestätigen liess – was für ein wunderbares Geschäftsmodell!

Der Kanton Luzern kaufte ihn 1929 von der Familie Meyer von Schauensee, seither ist er in Staatsbesitz.

Luzerner Drachenstein, Darstellung aus dem 18. Jahrhundert; © Public domain   Der Drachenstein ist in der Dauerausstellung «Erdwissenschaften» im Natur-Museum ausgestellt; © Natur-Museum Luzern

Der Luzerner Drachenstein war bis Ende des 18. Jahrhunderts eine Weltberühmtheit, nicht nur wegen seiner wunderbaren Herkunft, sondern auch wegen seiner angeblichen Heilwirkung bei allerhand Krankheiten. Johann Jakob Scheuchzer (1672 – 1733) bezeichnete ihn als «die merkwürdigste aller Merkwürdigkeiten aller Museen»!

Oftmals wurde Meteoriten Heilkräfte zugeschrieben. War also der Drachenstein ein Meteorit?

Der Physiker und Begründer der Theorie über den Ursprung von Meteoriten, Ernst Chladni (1756-1827) sah im Luzerner Drachenstein einen echten Meteoriten. Spätere Untersuchungen konnten diese Annahme weder bekräftigen noch ausschliessen und so hielt sich die Vermutung, im Innern der Steinkugel verberge sich ein Himmelskörper.
Dank neuster zerstörungsfreier Analytik, der Computertomographie hat man an der EMPA Dübendorf  zweifelsfrei einen Einblick in den Kern des Luzerner Drachensteins erhalten. Die Resultate enthüllten einen Kern aus gebranntem Ton, und so wurde der «Heilstein mit wundersamen Kräften» enträtselt! Was es aber mit der Drachenbeobachtung auf sich hat und wie die Tonkugel entstanden ist, bleibt weiterhin ein Rätsel!

>> MTW-Sendung: Die Untersuchungen zum Luzerner Drachenstein! Viel Spass!


Seismik-Messungen in Zürich Nordost: Informationscontainer der Nagra steht offen

11.02.2016

Mit ihrem Informationscontainer bietet die Nagra der Bevölkerung die Möglichkeit, sich aus erster Hand über die laufenden Messungen im Gebiet Zürich Nordost zu informieren. Eine Informationsbroschüre oder die kostenlose Hotline sind weitere Möglichkeiten, um mehr zu erfahren oder mit uns in Kontakt zu treten. Wir freuen uns auf den Dialog mit Ihnen.

Seit Montag, 8. Februar laufen im Standortgebiet Zürich Nordost die 3D-seismischen Messungen der Nagra. Falls Sie sich zu den laufenden Messungen informieren möchten oder Fragen haben, dann kommen Sie doch einfach zu unserem Informationscontainer. Dieser steht an der Wassergasse 8 beim Werkgebäude in Laufen-Uhwiesen. Die Öffnungszeiten sind:

  • Freitag, 12. Februar von 14:00 bis 19:00 Uhr
  • Mittwoch, 17. Februar von 16:00 bis 20:00 Uhr
  • Samstag, 27. Februar von 10:00 bis 14:00 Uhr

Wir freuen uns auf Ihren Besuch und interessante Gespräche.

Seismikperimeter des Standortgebiets Zürich Nordost.

Wenn Sie gerne das Wichtigste zu den Messungen selbst lesen möchten, dann haben wir für Sie einen Informationsflyer zusammengestellt. Ihre Anliegen zu den Messungen nehmen wir zudem unter der Gratishotline 0800 437 333 entgegen. Die Messungen im Gebiet Zürich Nordost dauern ca. drei bis vier Wochen.


Klimawandel oder Klimaschwankung?

09.02.2016

Der Rückgang der Alpengletscher gilt als dramatisch und bedrohlich. Holz- und Torfstücke beweisen aber, dass in den letzten Jahrtausenden die Alpen meist grüner waren als heute.

Seit den neunziger Jahren sammelt das Forscherteam um den Geologieprofessor Schlüchter, was sich vor Gletscherzungen und -toren finden lässt, nämlich Holzstücke und Torfballen. Die Fundstücke präsentieren sich unspektakulär, sind aber bis zu 10’000 Jahre alt. Man erkennt die Spuren, die die Gletscher an Holzstücken und z.T. ganzen Baumstämmen hinterlassen haben, denn sie sind zerkratzt und verbogen, die Torfreste komprimiert und gepresst. Da, wo es heute nur Schutt, nackten Fels oder Eis gibt, sind früher Bäume gewachsen. Wo die Funde gehäuft vorkommen, müssen es ganze Wälder gewesen sein.

Klimawandel im Phanerozoikum; © Creative Commons
Klimawandel im Phanerozoikum; © Creative Commons. Das Phanerozoikum setzt mit Beginn des Erdmittelalters vor 540 Millionen Jahren ein.

Im Diagramm wird dieser Sachverhalt abgebildet. In der GeochemiePaläoklimatologie und Paläozeanographie ist δ18O (Delta-O-18) ein Mass für das Verhältnis der stabilen Sauerstoff-Isotope 18O/16O.

18O/16O -Daten von KorallenForaminiferen, Eisbohrkernen und Sedimenten von Süsswasserseen werden in den Paläowissenschaften als Temperaturproxy verwendet. Die für uns heute relevanten Temperaturschwankungen der letzten 12’000 Jahre im Holozän sind im unterstehenden Diagram wiedergegeben.

Temperaturvariation im Holozän
Rekonstruktion des Temperaturverlaufs von acht verschiedenen Orten der Erde während der letzten 12’000 Jahre. Die dicke schwarze Linie repräsentiert deren Durchschnitt, der jedoch nicht gleichbedeutend mit der globalen Durchschnittstemperatur ist; © Creative Commons

Wie stark die Temperatur, die diversen Treibhausgase u.a. klimarelevante Faktoren anthropogen beeinflusst werden ist ein Forschungsfeld, welches immer mehr an Bedeutung gewinnt.

>> Schweizerische Klimaforschung

Vielleicht möchte der eine oder andere Leser oder Leserin eine eigene Meinung äussern; erdwissen ist daran interessiert.


Die Vibrationsfahrzeuge ziehen um

04.02.2016

Die Messungen im Standortgebiet Jura Ost sind fast abgeschlossen. Um mit den Messungen in Zürich Nordost zügig beginnen zu können, wurden die ersten Vibrationsfahrzeuge schon nach Benken (ZH) gefahren. Dies aber nicht aus eigener Kraft.


Wird es einen Polsprung des Erdmagnetfelds geben?

02.02.2016

Es gibt zwei Arten von Polen

  • Die magnetischen Pole; diesen eigen sind gelegentliche Polsprünge! Der magnetische Nordpol liegt z.Z. in Nordkanada, ziemlich weit entfernt vom geografischen Nordpol. Nach einem Polsprung würde sich die Kompassnadel, die immer zum magnetischen Nordpol zeigt, Richtung Antarktis ausrichten.
  • Die geografischen Pole, d.h. die Pole der Rotationsachse. Die Rotationsachse wandert, denn die Erdachse bewegt sich zyklisch zwischen ca. 22° und 24,5° (Zyklus von 41.000 Jahren); z.Zt. befinden wir uns bei 23,5°.

Magnetischer Polsprung

Statistisch gesehen leben wir in einer Zeit, in der ein Polsprung fällig wäre. Dem Polsprung voran geht eine markante Abschwächung des Erdmagnetfeldes. Seit 170 Jahren schwächt sich das Erdmagnetfeld denn auch tatsächlich ab und hat bereits 10 % seiner Stärke eingebüsst. Eine grosse Anomalie, d.h. ein viel schwächeres Erdmagnetfeld wird über dem Südatlantik vor Argentinien gemessen. Während eines Polsprung, in der Übergangszeit können zahlreiche Pole entstehen. Jedoch kollabiert das Erdmagnetfeld auch in Zeiten des Polsprungs nicht völlig; ca. 10% Reststärke bleiben erhalten; scheinbar genug um die Lebewelt der Erde vor einem Massensterben zu bewahren.

Erdmagnetfeld: Links vor dem Polsprung, rechts während dem Polsprung; © Creative Commons Public Domain
Erdmagnetfeld: Links vor dem Polsprung und rechts während dem Polsprung, hier erkennt man zudem, dass sich das Aussenfeld nicht mehr als Dipolfeld beschreiben lässt; © Creative Commons Public Domain

In den letzten 160 Millionen Jahren kam es alle 250’000 Jahre zu einem Polsprung mit dem Letzten vor ca. 780’000. Unser direkter Vorfahre, der Homo erectus hat demnach den Polsprung überlebt!

Magnetisches Tagebuch

Dass dies nicht nur statistisch-mathematische Berechnungen sind, lassen sich in der Art der Magnetisierung in den Basalten des Atlantischen Ozeans, eine Art magnetisches Tagebuch unseres Planeten, herauslesen. Anhand der Ausrichtung magnetischer Minerale lässt sich rekapitulieren, wo sich im Laufe der Erdgeschichte die magnetischen Pole befanden.

Oceanic Stripe Magnetic Anomalies; © Creative Commons Public Domain
Muster der mit wechselnder Polarität magnetisierten ozeanischen Kruste. a) vor 5 Mio. Jahren, b) vor 2–3 Mio. Jahren, c) heute © Creative Commons Public Domain

Dann warten wir also auf den nächsten Sprung! Zu beachten ist dabei, dass eine Umpolung einige tausend Jahre dauern kann. Währenddessen würde der „Sonnenwind„, ein Strom von geladenen Teilchen ausgelöst durch gewaltige Explosionen auf der Sonne, immer weniger abgelenkt werden und immer ungebremster auf die Erde einwirken.

Die Konsequenz aus heutiger Sicht sind Klimaveränderungen und Störungen von Satelliten und technischen Systemen!