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Der Ivrea-Körper – ein geologischer Störkörper

25.08.2015

Der Ivrea-Körper, der nach der Stadt Ivrea in der Region Piemont benannt wurde, ist ein schräg aus dem oberen Erdmantel emporragender Körper von deutlich grösserer Dichte als seine Umgebung. Er bewirkt massive regionale Lotabweichungen sowie eine unregelmässige Anomalie des südalpinen Geoids, die sich vor allem im Süden der Schweiz auswirkt. Der Ivrea-Körper besteht aus Gesteinen des Erdmantels. Die Peridotitmassive (das grün Eingefärbte auf der Karte) können als oberste Teile des Ivrea-Körpers angesehen werden, die an der Erdoberfläche freigelegt wurden. Die Platznahme des Mantelgesteins ist durch eine Kombination von permischer und jurassischer Dehnungstektonik, alpiner Überschiebung nach Nordwesten und Rückrotation (Drehung) nach Südosten zu erklären.

Ivrea-Körper ©Nikos-Zeichnung des Westalpen Profils

©Nikos, Zeichnung des Westalpen Profils

Was ist nun aber ein geologischer Störkörper?

In der Geophysik bezeichnet man Körper dann als Störkörper, wenn Unregelmässigkeiten im Erdschwerefeld oder -magnetfeld  vorhanden sind. Störkörper heben sich von ihrer Umgebung durch mindestens einen deutlich abweichenden Gesteinsparameter ab, entweder

Sie können von rein wissenschaftlichem Interesse sein (wie z. B. der Ivrea-Körper für die Geoidbestimmung in der Schweiz) oder wirtschaftliche Bedeutung als Lagerstätte haben – z. B. Erze, spezielle Gesteine wie Kaolin oder SerpentinErdölhaltige Schichten oder Bau- und Massenrohstoffe.


OAE – Exotik in der Geologie?

18.08.2015

Entdeckung

Der Begriff OAE, ozeanisches anoxisches Ereignis wurde zum ersten Mal 1976 von Seymour Schlanger und Hugh Jenkyns geprägt. Er beruht auf Entdeckungen des Deep Sea Drilling Project (DSDP) im Pazifik. Bei Bohrungen in den untermeerischen Plateaubasalten wurden in den aufliegenden kretazischen Hüllsedimenten schwarze, kohlenstoffreiche Tonschiefer durchbohrt. Ähnliche Schwarzschiefer vergleichbaren Alters waren zuvor schon im Atlantik gesichtet worden. Zudem gab es weitere Beispiele in Aufschlüssen auf dem europäischen Festland, z.B. im stark kalkbetonten Apennin in Italien. Allmählich setzte sich die Erkenntnis durch, dass diese Intervalle sehr ähnlicher Schichten sehr ungewöhnliche und „punktuelle“  (zeitlich eng begrenzte) Ablagerungsbedingungen in den Weltmeeren widerspiegeln.

Ozeanisches anoxisches Ereignis oder wenn die Weltmeere ersticken.

Ein ozeanisches anoxisches Ereignis findet immer dann statt, wenn die Weltozeane unterhalb der Oberflächenschicht an Sauerstoff verarmen. Ein anoxisches Ereignis mit Bildung von H₂S oder Schwefelwasserstoff entsteht in euxinischem Milieu. Selbst wenn kein derartiges Ereignis in den letzten Jahrmillionen stattfand, so finden sich in Sedimenten der geologischen Vergangenheit eindeutige Hinweise auf mehrere solcher Vorfälle.

Thermohaline Zirkulation © Robert Simmon, NASA   Schwarzschiefer @RUB

Links: Darstellung der überregionalen Verknüpfung der Meeresströmungen © Robert Simmon, NASA. Die roten Stränge stellen die warmen Meeresströmungen dar, die blauen die Kalten. Dieses globale Zirkulationssystem sorgt für den Stofftransport mitunter das Einbringen von Sauerstoff in die tiefen Schichten. Ein solches Zirkulationsmuster braucht etwa 2000 Jahre. Rechts: Bohrkern durch OAE-Schichten – Schwarzer Tonschiefer @ RUB

Es wird vermutet, dass OAEs sehr wahrscheinlich mit Störungen der grossen Meeresströmungen, mit Treibhausgasen und globaler Erwärmung und möglicherweise auch mit Massenaussterben in Zusammenhang stehen. Ein OAE repräsentiert einen geologisch kurzen Abschnitt von circa 500’000 Jahren, in dem es zu einer Unterbrechung des Kohlenstoffkreislaufs kommt.

Bei den Gesteinen des OAE handelt es sich um Kohlenstoffsenken. In ihnen wird Kohlenstoff lange gebunden und dem Stoffkreislauf entzogen. Dieses Phänomen wirkt deshalb regulierend auf den erhöhten CO2-Gehalt in der Warmphase. Allerdings beginnt die Bindung des CO2 erst einige Millionen Jahre später.

Algen als Primärproduzenten

Kleinwüchsige, Photosynthese betreibende Algen, hier die Schwebealgen (die Lieblinge der Aquarianer und Gartenteichbesitzer smiley) sind eine wichtige Gruppe der Primärproduzenten in den Ozeanen, welche mit Hilfe von Sonnenenergie, CO2 und mineralischen Nährstoffen (Phosphate, Nitrate) einfache organische Bausteine (Zucker) unter Freigabe von Sauerstoff synthetisieren. Diese pflanzlichen Primärproduzenten sind Nahrung für alle anderen Organismen.

Im Normalfall werden alle organischen Verbindungen wieder in die mineralischen Ausgangskomponenten zerlegt und dem Stoffkreislauf zugeführt. Offenbar konnte der Kohlenstoff nicht wieder freigesetzt werden, da Mikro- und Makroorganismen, die für die Zersetzung zuständig sind, aufgrund von Sauerstoffmangel im Bodenwasser nicht leben konnten.

Die kohlenstoffreichen Gesteine stellen Erdölmuttergesteine dar, da Erdöl im Wesentlichen aus den Resten mariner Schwebalgen besteht. Sie sind auch ein Zeichen für eine Unterbrechung des biologischen Kreislaufs aus Zeugung, Wachstum, Tod, Zerfall und Abbau.


Keine Sommerpause für die Filmcrew …

13.08.2015

Die Nagra dreht zurzeit einen kurzen Film, der Prinzip und Vorgehen bei seismischen Messungen erläutert. Dafür sind in den letzten Monaten bereits verschiedene Dreharbeiten gelaufen. Unten stehend ein paar Impressionen:

 

Gestern war der Drehort die Firma PROSEIS in Zürich, wo es um die Auswertung von seismischen Messungen und die Unterschiede zwischen 2D- und 3D-Seismik ging. Die PROSEIS hat die Nagra 2011/2012 bei der Auswertung der seismischen Messungen in der Nordschweiz unterstützt.


Die Filmdrohne von Maybaum Film in Aktion: Aussenaufnahmen haben wir in der Umgebung von Strasbourg gedreht, wo die französische Firma Fonroche im Juni seismische Messungen durchführen liess.

Wir hingegen machen Sommerpause bis 26. August, aber …

… keine Pause gibt es auch bei den Vorbereitungen der Seismik-Messkampagne, die voraussichtlich Ende September im möglichen Standortgebiet Jura Ost beginnt. Ab der letzten Augustwoche berichten wir dann, was unmittelbar vor dem Start der eigentlichen Messungen im Feld zu tun ist.


Afrikas geologischer Aufbau – Überblick

11.08.2015

Der afrikanische Kontinent besteht aus riesigen, stabilen, kristallinen Grundgebirgen aus sehr altem Gestein, welche aus dem Präkambrium stammen. Dieser Untergrund, oder eben dieses Grundgebirge wurde in der Folgezeit von einer Reihe flach liegender Schichten überdeckt; entlang der Ost-, Nord- und Westküsten gibt es Sedimente aus dem Mesozoikum und Tertiär, die in marginalen Meeresbecken abgelagert wurden.

Das präkambrische Grundgebirge kann grob in drei grosse Blöcke oder Kratone eingeteilt werden, den Kalahari-, den Kongo- und den Westafrikanischen Kraton. Unter Kraton (kratos gr.  Kraft, Gewalt) versteht man den Teil der Erdkruste, der sich so verfestigt hat und eine erhöhte Krustendicke aufweist, dass er nicht mehr durch Faltung, sondern nur durch Bruch oder Bruchtektonik verformt werden kann. Diese drei Kratone also sind durch eine Anzahl beweglicher Gürtel voneinander getrennt, die im späten Präkambrium und frühen Paläozoikum aktiv waren.

Geologische Zeitskala Wikipedia     Panafrikanische Faltungszonen ©www.geodz.com.    Verteilung der weltweiten Kratons

Links: Geologische Zeitskala ©Wikipedia;  die Verbreitung der präkambrischen Kratone auf dem Afrikanischen Kontinent und der zwischen ihnen liegenden panafrikanischen Orogene (Ga=Mrd. Jahre, Ma=Mio. Jahre); Bildquelle Mitte: http://www.geodz.com. Bidquelle Rechts: © Ciaurlec – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons

Weil Minerale und Gesteine sowie die darin enthaltenen Edelmetalle, aber auch verschiedene Schmucksteine im Besonderen Diamanten, im Lauf der Zeiten dazu tendieren, in der Erdkruste separiert und verteilt oder im Erdmantel wieder aufgeschmolzen zu werden, sind die ältesten Kratone – seit Urzeiten keinen Veränderungen mehr unterworfen – für Prospektoren und Bergbauunternehmen von grösstem Interesse.

In der rechten Karte sehen wir die Verteilung der präkambrischen Gesteine der Welt. Auffallend ist die Tatsache, dass Afrika nebst Nord-Amerika praktisch nur aus Präkambrischen Gesteinen besteht. So verstehen wir, was die Geologie Afrikas so besonders macht und wieso es heute so stark im Fokus der Industrienationen, allen voran den Chinesen steht.

In den folgenden Beiträgen werde ich immer wieder einen Beitrag zu besonderen Vorkommen schreiben.


Im Edelsteinland Namibia – eine persönliche Erfahrung

04.08.2015

Reiseland

Einem Leserwunsch entspreche ich heute mit einem Beitrag über einen meiner Streifzüge als junge Geologin durch Namibia, dem damaligen Südwestafrika. Es war in den 1980-er Jahren. Nicht nur die Geologie, auch die Flora, die Fauna und die Geschichte sind sehr bunt! Über die bewegende Geschichte kann hier weitergelesen werden: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Namibiashttp://www.namibia-info.net/namibia/geschichte.html. Was damals den Alltag in Südwestafrika bestimmte, seit de jure ab 1966 eine eigene Verwaltung eingesetzt wurde, war die Widerstandsbewegung „People’s Liberation Army of Namibia“ (PLAN), dem militärischen Zweig der Südwestafrikanischen Volksorganisation (SWAPO), die bis zur Unabhängigkeit 1990 mit Guerilla Attacken gegen die südafrikanische Besatzung und die weissen Siedler vorging. Unter diesem Himmel fanden damals die Reisen von entdeckungshungrigen Geologen statt. Heute würde man sagen, es war kein sicheres Reiseland! Von Tag zu Tag entfaltete sich ein schier endloser Horizont von Wüste, Halbwüste mit hin und wieder auftauchenden Oasen von überwältigender Fülle an seltenen, einmaligen Pflanzen, Tieren und eben auch Mineralien.

Welwitschie ©Freddy Weber  Namib Ghecko ©Chris Nel

Links: Welwitschie ©Freddy Weber eine der seltsamsten Pflanzen der Erde; Rechts: Gheko ©Chris Nel

Auf der Strecke von Etosha, einem Naturparadies im Norden nach Swakopmund, der Hafenstadt am Atlantik kommt man an imposanten Granitmassiven vorbei. Der Brandberg mit der berühmten Felsmalerei, der Weissen Dame und der Grosse und die Kleine Spitzkoppe sind prägnante Merkmale einer sonst flachen Landschaft und bergen in ihren Pegmatitgängen Edelsteinschätze. Berühmt sind die Topase von der Klein Spitzkoppe.

Google Kartenausschnitt mit Brandberg und Spitzkoppe, Namibia  Kleine Spitzkoppe, Namibia ©Ikiwaner

Links: Quelle GoogleMaps; Rechts: Kleine Spitzkoppe, ©Ikiwaner 

Geologie

Der Grosse und die Kleine Spitzkoppe sind zwei markante Inselberge, die den magmatischen Post-Karoo – Gesteinskomplexen angehören. Die weiten Flächen um die Spitzkoppe stellen die erodierte Rumpffläche des 650 bis 500 Mio. Jahre alten Damara-Gebirges dar. Wir befinden uns also in einer metamorphen, Schieferreichen Zone, die aus Sedimenten durch die Kollision von stabilen alten Kartonen, dem Kongokraton im Norden und dem Kalahari-Kraton im Süden, entstanden ist, siehe untere zwei Grafiken. Zur Erinnerung, eine ebensolche Zone, der Mosambique-Gürtel mit Ausläufer bis nach Zambia ist in einem früheren Beitrag (Edelsteine – die Schätze Afrikas) diskutiert worden.

Kongo & Kalahari Kratone  Kollision_Kratone

Links: Kratone (Grünert, 2000); Rechts: Kollision der Kratone (Grünert, 2000)

Die granitischen Magmenmassen der Spitzkoppe intrudierten 300 bis 400 Mio. Jahre später in den uralten Gebirgsrumpf und sind so gesehen anorogene Granite, welche also nicht an Gebirgsbildungsprozesse geknüpft sind. Der Grosse und die Kleine Spitzkoppe kamen erst in den folgenden Jahrmillionen durch Erosion an die Oberfläche. Für eine solche flächenhafte Abtragung ist eine intensive physikalische und chemische Verwitterung notwendig. Erst wurden die Deckschichten über den Granitstöcken abgetragen, bis diese an die Oberfläche gelangten. Da sich die Gesteine der Rumpffläche nicht so verwitterungsresistent wie die Granite verhielten, kam es zur weiteren Abtragung der umliegenden Flächen, so dass die Granitstöcke relativ zur Umgebung in die Höhe wuchsen. Diesen Vorgang bezeichnet man als Inselberg-Bildung.

Die Granite der Grossen und der Kleinen Spitzkoppe unterscheiden sich chemisch und texturell nur wenig, sie sind grobkörnig und homogen, jedoch sind sie unterschiedlich alt. Beide Granite sind von umfangreichen Pegmatitbildungen begleitet, wobei die Restschmelzen in dieser Region sehr Bor-, Beryllium- und Fluorreich waren (besonders, die der Kleinen Spitzkoppe) und es somit zu einer intensiven Bildung von Turmalin, Topas und Beryll kam. Diese Minerale sind oft mehrere Zentimeter gross und in guten Kristallen bis hin zu Edelsteinqualität ausgebildet. Diese Pegmatite wurden vor allem und ausschliesslich von Einheimischen abgebaut.

Und so kam es immer wieder vor, dass uns schöne, reine Kristalle gegen ein „Päckli“ Zigaretten angeboten wurde. Zigarettensmiley Minen – wie schon in den vorhergehenden Beiträgen beschrieben – waren entweder oberflächliche Schürfungen, tiefe Löcher oder bedeutete auch graben im Sand, den Edelsteinhaltigen Alluvionen.

Mine an der Klein Spitzkoppe © Herman du Plessis Kleine Spitzkoppe, Blick aus der Mine ©Herman du Plessis Damarafrau schürft nach Topas in den Sanden bei der Klein Spitzkoppe, © Horst Windisch

Links & Mitte: Kleine Spitzkoppe: Minen, wie sie von Einheimischen betrieben wurden ©Herman du Plessis; Rechts: eine Damarafrau schürft nach Topas in den Sanden rund um die Klein Spitzkoppe, ©Horst Windisch