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Wie Schwangerschaftsstreifen auf einem wachsenden Bauch!

26.05.2015

Mit dem heutigen Beitrag möchte ich die geotektonischen Abläufe unseres Planeten von einer anderen Seite angehen. Es ist ein Erklärungsversuch, der – wie so oft in der Wissenschaft – an den Rand gedrängt, ja sogar zum Tabu erklärt wurde. Es ist die Theorie der Erdexpansion.
Im Kern steht die Beobachtung, dass die Kontinentalplatten nicht nur im Atlantik, sondern auch im Pazifik ineinander passen (Grafik unten links). Da der Pazifik aber so gross ist, fällt es schwer dies zu erkennen. Veranschaulicht wird dies in der Animation rechts unten. Wenn man die Erde im Modell auf die Weise schrumpft, wie sie ursprünglich auch gewachsen ist, erkennt man, dass sämtliche Landmassen wie Puzzleteile ineinander passen. Selbst beim Atlantik fügen sich die Landmassen besser zusammen als es bei der heute akzeptierten Theorie eines Superkontinents der Fall ist und bei dem alle Kontinente auf einer Seite der Erdkugel zusammen haften.

Verteilung der Kontinente und Ozeane     Erdexpansion

Links: heutige Verteilung der Kontinente und Ozeane, Quelle: Internet. Rechts: Erdexpansion, Quelle: Internet.

Vor 180 Millionen Jahren gab es keine Ozeane oder Meere, nur flache Seen. Als die Erde wuchs, entstanden Risse in der Oberfläche, eine Art Schwangerschaftsstreifen auf einem wachsenden Bauch, und da Risse tiefer liegen als Kontinente, sammelte sich dort Wasser. Also liegen alle neuen Flächen unter dem Meeresspiegel.

Weltkarte: Alter des Meeresgrunds

Das Alters des Ozeanbodens nach Farben in Millionen Jahre dargestellt: Rot: 0 bis 20; Orange: 20 bis 48; Gelb: 48 bis 69; Grün: 69 bis 118; Türkis: 118 bis 142; Blau: 142 bis 180. Die Kontinente sind in grau dargestellt, ihre ältesten Gesteine sind mehr als 2 Milliarden Jahre alt. Quelle: Internet

Nimmt man die Karte und setzt sie in ein 3D-Model, d.h. lässt man die neusten (roten) Gebiete als erstes verschwinden, gefolgt von den älteren Gebieten (orange, gelb, grün, türkis und blau), dann stellt man fest, dass die Kontinentalplatten ohne Grössenveränderung, Rotation oder Landverschiebungen perfekt ineinander passen. Man erkennt zudem, dass der pazifische Ozean zwar grösser, aber nicht älter als der atlantische ist. Er sprang einfach nur schneller auf.

Damit wird die Theorie der Plattentektonik und die Existenz eines Superkontinents, z.B. Pangaea im Perm und seinen auseinander driftenden Kontinenten in Frage gestellt. Die Tragweite dieser Theorie ist immens. Nicht nur wäre damit die derzeitige Lehre von der Plattentektonik widerlegt, welche erst seit den 60er Jahren allgemein akzeptiert wird, sondern – und das ist viel spannender – es würde bedeuten, dass durch einen Prozess Materie im Inneren unseres Planeten entsteht. Dieser Frage und der Hypothese der Erdexpansion widmet sich während 45′ die sehr interessante arte Dokumentation – und sie bewegt sich doch!

Damit möchte ich das komplexe Gebiet der Geotektonik mit ihren kontroversen Theorien verlassen. Es war mir ein Anliegen über geologische Ereignisse, ausgelöst von den Erdbeben im Himalaya, diverse Erklärungsansätze gängiger oder eben weniger gängiger Theorien zu diskutieren. Die Wissenschaft entwickelt sich nur über die Gegensätze und Theorien sind immer mit einer gesunden Portion Skepsis zu konsumieren!

Cartoon Kontinentaldrift
Quelle: Internet


Globale geologische Vorgänge und die Evolution

19.05.2015

Die Verschiebung und Formung von Kontinenten ist eine der wichtigsten Vorgänge für die biologische Evolution. Solche geologische Ereignisse liessen geographische Barrieren entstehen, die zu Artbildung führten. Das Vorkommen der Beuteltiere, Marsupialia, in Australien und Südamerika z.B. weisen auf solche Verschiebungen und Verbreitungen von Organismen hin. Oder als Indien vor ca. 50-40 Mio Jahren aus dem früheren Gondwanaland nordwärts driftete und Eurasien rammte, führte dies zur Auffaltung des Himalaya und zu einer geographischen Barriere für die Lebewesen. Als Konsequenz wurde der weitere Verlauf der biologischen Evolution in diesem Teil der Welt wesentlich verändert.

„Wanderrouten“ verschiedener Tiergattungen führten quer über den ganzen Planeten, wie wir ihn heute kennen und so wurde auf dieser Basis der fiktive Superkontinent Pangäa (griechisch „All-Erde“) zusammengesteckt. Die Landmassen waren vereint als sich die Arten entwickelten, denn die Wanderrouten können nur zu Land statt gefunden haben. Man spricht deshalb von Superkontinent-Zyklen, von denen fünf oder sechs im Laufe der Erdgeschichte postuliert werden. Allerdings ist nur der letzte mit dem Namen Pangäa (vor ca. 250 Millionen Jahre) bezeichnet.

Verbreitungsgebiete von Cynognathus, Mesosaurus, Glossopteris und Lystrosaurus

In der Grafik sind die paläobiogeographischen Verbreitungsgebiete von CynognathusMesosaurusGlossopteris und Lystrosaurus vereinfacht dargestellt. Bild: Snider-Pellegrini Wegener, Quelle: Internet.

Wie steht es nun mit den Erklärungsversuchen bzw. Theorien? Heute wird mit Hilfe der Kontinentalverschiebung bzw. Plattentektonik geologisch aktive Zonen auf der Erde wie Vulkanismus, Erdbeben, Plattenverschiebung oder Gebirgsbildung erklärt. Es gibt aber noch andere Theorien. Diese Thematik führt uns ins Gebiet der Geotektonik, welcher ich im nächsten Beitrag nachgehen werde. Wir sind also immer noch auf unserer Reise durch weltumspannende Prozesse, Phänomene und Erklärungsmodelle. Ahoi und bis nächste Woche!

>> Youtube Film zur Kontinentaldrift


Blick in den geologischen Untergrund

18.05.2015

Voraussichtlich Ende September 2015 beginnen die 3D-seismischen Messungen im Standortgebiet Jura Ost. Doch was sind eigentlich seismische Messungen?

Die Seismik beinhaltet das Studium der Ausbreitung von seismischen Wellen durch die unterschiedlichen Gesteinsschichten im geologischen Untergrund. Vergleichbar ist dies mit der Wassertiefenmessung mit dem Echolot: Vom Schiff ausgesandte Schallwellen werden – nach Reflexion am Seegrund – wieder empfangen. Dies erlaubt eine Kartierung des Gewässergrundes. Analog ermöglicht die Seismik die räumliche Darstellung von Gesteinsschichten bis in Tiefen von mehreren Kilometern.

Bei Messungen an Land erfolgt die Anregung der seismischen Wellen durch Vibrationsfahrzeuge oder das Zünden kleiner Sprengladungen (in Bohrlöchern von wenigen Metern Tiefe). Die Wellen breiten sich im Untergrund aus, wo sie an den Grenzen der Gesteinsschichten teilweise reflektiert werden. Innerhalb von Sekunden erreichen diese «Echos» wieder die Erdoberfläche, wo sie mit empfindlichen Messgeräten, sogenannten Geofonen, aufgezeichnet werden (weitere Informationen). Aufgrund der unterschiedlichen Laufzeiten der Signale kann auf die Tiefe der zu erkundenden Schichten geschlossen werden.

Die erhobenen Daten geben Aufschluss über Lage und Struktur der Gesteinsschichten im Untergrund, insbesondere über Mächtigkeit und Störungszonen. Moderne Seismikmethoden erlauben auch Aussagen über gewisse Gesteinseigenschaften und können selbst kleine strukturelle Unregelmässigkeiten sichtbar machen.

Bei der herkömmlichen Seismik wird der Untergrund entlang von mehr oder weniger geradlinigen Profilen abgetastet. Entlang dieser Linien kann man vertikale Schnittbilder der geologischen Strukturen ermitteln.

Beim dreidimensionalen Verfahren (3D-Seismik) werden die Anregungspunkte und die Geofone flächendeckend über grössere Gebiete verteilt. Dadurch lässt sich die Beschaffenheit des Untergrundes lückenlos darstellen.

Methodik der 3D-Seismik: Flächendeckende Abtastung des Untergrundes bei der 3D-Seismik. Der Untergrund wird in sich überdeckenden Flächensegmenten abgetastet (durchschnittlich 20-fache Überdeckung), hier schematisch dargestellt an einer einzelnen Gesteinsschichtgrenze. Durch die gleichzeitige Abtastung aller darüber- und darunterliegenden Gesteinsschichtgrenzen bis in grosse Tiefen entsteht eine dreidimensionale Abbildung des Untergrundes. (Grafik: Nagra)

 

 


Entstehung der Kontinente – neue Theorie

12.05.2015

Der Himalaya, so wurde im letzten Beitrag berichtet, entstand und entsteht durch die Kollision zweier Kontinentalplatten. Es drängt sich nun die Frage auf, wie Kontinentalkruste entsteht.

Bis anhin ging die Forschung davon aus, dass die ersten Kontinentgesteine aus ozeanischer Urkruste durch plattentektonische Bewegungen in den Erdmantel verfrachtet und dabei aufgeschmolzen wurden. Thorsten Nagel und Carsten Münker von der Bonner respektive Kölner Universität haben Indizien gefunden, dass die Bildung der ersten kontinentalen Kruste in viel geringerer Tiefe erfolgte und die Urgesteine nie versenkt worden sind.

Die kontinentale Kruste entspricht in ihrer Zusammensetzung einer Schmelze, die entsteht, wenn 10 bis 30 Prozent der ozeanischen Kruste geschmolzen wird. Die Konzentrationen der chemischen Hauptbestandteile in dem wieder erstarrten Gestein (dem Kontinentgestein) geben keinen Anhaltspunkt über die Bildungstiefe. Das Forscherteam untersuchte daher in den grönländischen Gesteinen, die vor rund vier Milliarden Jahren entstanden sind, verschiedene Spurenelemente. Der Gehalt an Spurenelementen erlaubt die Minerale des Restgesteins zu bestimmen und lässt einen Rückschluss auf die Tiefe der Aufschmelzung zu.

Groenland

Spurensuche: In Grönland wurden die ältesten auf der Erde erhaltenen Kontinentgesteine gefunden. Sie dienen den Geologen als Forschungsmaterial. Foto: dpa

Durch diese Berechnungen zeigt sich ein neues Bild. Die ozeanische Kruste musste gar nicht in Tiefen von 100 Kilometer abtauchen, um Schmelzen zu bilden, eine Tiefe von 30 bis 40 Kilometern war viel wahrscheinlicher. Die Erde war vor rund vier Milliarden Jahren noch deutlich heißer als heute. In Verbindung mit anderen geologischen Prozessen wie Vulkanismus, Gebirgsbildung oder Wasserzufuhr könnte die ozeanische Urkruste die Kontinente direkt „ausgeschwitzt“ haben.

Und das Forscherteam führt aus: „Wir halten es für unwahrscheinlich, dass sich unsere Kontinente in Subduktionszonen gebildet haben. Ob es solche Versenkungszonen tektonischer Platten auf der frühen Erde überhaupt gab, steht somit wieder zur Debatte“.

Im nächsten Beitrag erfahrt Ihr dann mehr zu diesem Themenkreis.

 


Himalaya – die Nahtstelle zweier Kontinente

05.05.2015

Die dramatischen Ereignisse in Nepal veranlassen mich, liebe Leserinnen und Leser, einige Beiträge über die grossen geotektonischen Zusammenhänge im Himalaya zu schreiben. Der Himalaya, ein Hochgebirgssystem der Superlative erstreckt sich von den westlichen Grenzen Afghanistans und Pakistans bis Burma bzw. Myanmar. Es umfasst ca. 3000 Kilometer und erreicht eine maximale Breite von rund 350 Kilometern.

Himalaya   Mt. Everest Nordseite © Luca_Galuzzi

Links: Der Himalaya Gebirgsbogen mit seinen höchsten Gebirgsketten am Südsaum des tibetischen Hochlandes. Rechts: Mount Everest, Nepal/Tibet ist mit seinen 8848 m der höchste Berg im Himalaya und der Welt. Er wächst, wie das gesamte Gebirge, jährlich im Millimeterschritt weiter.

Das Aufbrechen eines Superkontinents und die Kollision zweier Kontinentalplatten

Vor etwa 200 Millionen Jahren zerbrach der Superkontinent Pangaea in die Kontinente Gondwana und Laurasien. Dazwischen lag ein riesiges Meer, die Tethys. Gondwana zerbrach weiter in kleinere Schollen, wovon der indische Subkontinent im Laufe der Jahrmillionen sich nach Norden, in Richtung Eurasien, bewegte. Das Vorrücken der indischen Platte nach Norden ist in der folgenden Grafik und Animation sehr anschaulich dokumentiert.

Indischer Subkontinent driftet auf die Eurasische Platte zu    Plattentektonische Reise des Planeten Erde

Links: © USGS & Kotagiri Shekar;  Rechts: ©SpaceRip

Der Motor der Plattenverschiebungen

Nach heutiger Vorstellung werden Plattenverschiebungen durch Konvektionsströme im Erdinnern in Gang gehalten. Die Lithosphäre, die aus der Erdkruste und der oberen Schicht des Erdmantels besteht, ist in Plattenstücke zerbrochen. Einige Platten tragen Kontinente (kontinentale Platten), andere bilden ausschliesslich den Meeresboden (ozeanische Platten). Die Prozesse im Innern der Erde bewegen die Kontinente und den Meeresboden. Die Platten erreichen dabei Geschwindigkeiten von bis zu mehreren Zentimetern im Jahr, wie das Wachstum unserer Fingernägel! Weil sich die Konvektionsströme meist chaotisch verhalten, kann es zu plötzlichen Veränderungen in den Bewegungen der Platten kommen. Prallen nun zwei kontinentale Platten (untere rechte Grafik) aufeinander, kommt es zur Kollision wie bei einem Autounfall. Die Kontinente deformieren sich und falten sich zu einem Gebirge auf.

Konvektionsströme und Plattentypen   Gebirgsbildung: Die beiden Kontinentalplatten mit ähnlicher Dichte prallen aufeinander, es kommt zur Aufwölben der Gesteinsmassen zu einem Gebirge.

Links: Darstellung der Konvektionsströme und die verschiedenen Plattentypen. Bildquelle: Internet. 
Rechts: Aufprall zweier Kontinentalplatten. Da beide Platten ähnliche Dichte haben, kommt es zur Aufwölben der Gesteinsmassen zu einem Gebirge. Bildquelle: Internet

Das Zusammenstossen der indischen auf die eurasische Platte erzeugt gewaltige Spannungen in der Erdkruste, die nicht nur zur Auffaltung des Himalayas, der Hebung des Tibetischen Plateaus und dem Ausweichen von Krustenmaterial nach Osten führen, sondern auch immer wieder zu zahlreichen, starken Erdbeben, wie wir sie jetzt erleben.