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Seismische Messungen starten in wenigen Monaten

28.04.2015

In den vorgeschlagenen Standortgebieten für geologische Tiefenlager Jura Ost und Zürich Nordost stehen ab Herbst 2015 seismische Messungen an.

Die Nagra wird die vorgeschlagenen Standortgebiete in den nächsten Jahren vertieft mittels seismischer Messungen und Sonderbohrungen untersuchen. Für die Seismik-Kampagne ist geplant, dass die Vibrationsfahrzeuge ab Ende September 2015 im Standortgebiet Jura Ost losfahren können. Dauern werden die Messungen ungefähr drei Monate. Voraussichtlich Anfang 2016 beginnen die dreiwöchigen Messungen im Standortgebiet Zürich Nordost. Diese ergänzen die Untersuchungen, welche bereits für den Entsorgungsnachweis für ein Tiefenlager für hochaktive Abfälle gemacht wurden.

In Abstimmung mit Kantonen und Gemeinden

Zuvor braucht es aber eine enge Zusammenarbeit und die Abstimmung mit Kantonen und Gemeinden. Im April hat die Nagra das Gesuch für die Durchführung von seismischen Messungen beim Kanton Aargau eingereicht. Zwar gibt es auf Bundesebene keine Bewilligungspflicht für Seismikmessungen. Im Kanton Aargau gibt es aber seit Kurzem das «Gesetz über die Nutzung des tiefen Untergrunds und die Gewinnung von Bodenschätzen», welches die Einreichung eines kantonalen Gesuchs fordert. Die Kantone Zürich und Schaffhausen kennen kein solches Gesetz, die Nagra arbeitet aber genauso intensiv mit ihnen zusammen. Zudem begleiten Fachbehörden von Bund und Kantonen die Seismik-Messungen.

Der Seismik-Blog geht mit diesem Beitrag in die zweite Runde. Schon 2011/2012 gab es zahlreiche Artikel rund um die Feldarbeiten zu lesen. Wir möchten Ihnen wiederum regelmässig Informationen zu den Vorbereitungen und – ab Herbst 2015 dann – zu den Messungen bieten. Wir freuen uns auf Ihre Fragen und Bemerkungen.


Das Hölloch – ein Ausflugsziel für heisse Tage!

28.04.2015

Im Jahr 1875 entdeckte der Bergbauer Alois Ulrich bei Stalden in Muotathal den Eingang zu einer Höhle, deren Ende er damals trotz ausgedehnter Exkursionen mit Seil, Pickel, Leiter und einer einfachen Handlaterne nicht bestimmen konnte. Dies ist der Anfang der bewegten Entdeckungs- und Erschliessungsgeschichte des Höllochs, das heute mit 200 Kilometern bekannter Länge als die achtgrösste Karsthöhle der Welt gilt.

charetalp    Hölloch, Muotathal

Links: Karstlandschaft Charetalp; Rechts: Hölloch, Bild: NLZ/Philipp Schmidli

Das Muotatal gehört geologisch zu den nördlichen Kalkalpen, den Helvetischen Decken. Entstanden sind sie in einem Schelfmeer während der Jurazeit. Diese Kalkgesteine unterscheiden sich bezüglich Härte und Löslichkeit stark von anderen Kalkgesteinen. So erklären sich die, durch Verwitterung entstandenen, unterschiedlichen Landschaftsformen. Seit gut einer Million Jahren sucht sich das Wasser nämlich seinen Weg durch das Kalkgestein und hat dabei ein labyrinthisches Höhlensystem geschaffen. Die Vielfalt der Formen ist einmalig: Riesige Hallen wechseln mit engsten Schluffen, tobende Wasserfälle folgen auf Seen von teilweise beträchtlichem Ausmass, Tropfsteinformationen in allen Farben setzen Akzente in den fast endlosen Höhlengängen. Das gigantische Ausmass wird in einer 3D-Animation erlebbar.

Hölloch   Das Hölloch im Muotathal bietet viel Abenteuer!

Interessante Links:
Erlebniswelt
Höhlenexpeditionen
Hölloch Live – SRF Sendung


Tsunami in der Schweiz – gibt es das?

21.04.2015

Wir alle wissen seit der Katastrophe vom Dezember 2004 in Indonesien und sicher seit dem März 2011 in Japan, was ein Tsunami ist und dass er als Folge eines Erdbebens auf dem Meeresboden ab einer Stärke von 7.0 Richter-Skala entsteht.

Gibt es auch Tsunamis in Seen und können wir auch in der Schweiz von einem solchen Ereignis überrascht werden? Dieser Frage gingen die Forscher Michael Schnellmann und Flavio Anselmetti von der ETH Zürich nach.

Das Erdbeben, das mitten in der Nacht auf den 18. September 1601 die Zentralschweiz erschütterte, würde man heute als Jahrhundertereignis bezeichnen. Es hatte eine Stärke von 6,2 Richter-Skala. Darauf folgte eine Flutwelle im Vierwaldstättersee. In Nidwalden, wo das Epizentrum lag, zerstörte das Beben Kirchen, Ställe und Häuser. Der damalige Luzerner Stadtschreiber Renward Cysat beschrieb das «wild gethümmel und wäsen mitt rumplen und boldern» in einem ausführlichen Bericht und hielt darin fest, wie das Wasser wütete. Die Flutwellen waren bis zu vier Meter hoch. Im Küsnachter Becken warfen sie ganze Schiffe aus dem See und deponierten sie „50 Schritt vom Gestade und zwei Hellebarden hoch“ über dem normalen Wasserspiegel an Land. In Luzern versiegte die Reuss sechsmal und schwoll dann wieder an, sodass junge Leute den Fluss in jener mondhellen Nacht fast trockenen Fusses überquerten. Das Wasser des Sees zwischen Bürgenstock, Rigi und Luzern schwappte noch tagelang im 10-Minuten Takt hin und her.

Unterwasser Hangrutsche führten zu dieser Flutwelle

Hangrutsch Grafik       Bathymetrische Karte des Vierwaldstättersee im Vitznaubecken und Chrüztrichter

Links: Schematische Darstellung des Rutschungsablaufs und der Wellenbildung. Rechts: Digitales bathymetrisches Seebodenmodell im Nordosten des Vierwald­stättersees, im Chrüztrichter und Vitznauerbecken. Nordwestlich von Vitznau sowie entlang des Südrands des Vitznauerbeckens unter der steilen Nordseite des Bürgenstocks liegen diverse Felssturzablagerungen. Am Nordrand des Beckens sind Anrisskanten subaquatischer Rutschungen und auch deren Ablagerungen auf dem Beckengrund zu sehen. Der Anriss der Rutschung, welche durch das Erdbeben in der Zentralschweiz im Jahr 1601 ausgelöst wurde, verläuft von Meggen bis östlich von Weggis über eine Entfernung von rund 6 km.  mit Spuren von prominenten Massen­bewegungen und Glazialmorphologien. Bild: Flavio Anselmetti, EAWAG

Ungleich den Tsunamis im Pazifik, wo Kontinentalplatten aufeinandertreffen und der Meeresboden nach einem Erdbeben schlagartig riesige Wassersäulen anheben kann, waren es im Vierwaldstättersee Unterwasser-Schlammlawinen vom Erdbeben ausgelöst, die zu Flutwellen führten. Zudem löste ein Bergsturz am Bürgenstock eine Impulswelle aus. Beweise dafür fanden die Zürcher Forscher durch seismische Messungen und in Bohrkernen, die sie den Sedimenten entnahmen.

Dass es sich dabei nicht um ein einmaliges Ereignis handelte, kann man historischen Berichten entnehmen:

  • 563 n.Chr. sorgte ein Bergsturz am östlichen Ende des Genfersees dafür, dass das Rhonedelta abbrach, in den See abrutschte und einen Tsunami auslöste, der an den Ufern grosse Schäden anrichtete.
  • 1584 zerstörte ein Erdbeben in der Nähe von Aigle im Waadtländer Rhonetal die Dörfer am Nordostufer des Genfersees. Das Beben verursachte auch einen Felssturz, bei dem 320 Menschen umkamen, sowie einen Tsunami, der die Küsten von Villeneuve, Lausanne und Genf überflutete.
  • Am 16. September 1601 löste ein Unterwasser-Erdbeben der Stärke 6 im Vierwaldstättersee gewaltige Wellen aus, welche die Stadt Luzern überschwemmten.
  • 1687 brach das Delta des Muota-Flusses in der Nähe von Brunnen ein und löste einen 5 Meter hohen Tsunami aus, der weite Küstenteile des Vierwaldstättersees unter Wasser setzte.
  • Am 2. September 1806 zerstörte ein Bergsturz am Rossberg in der Zentralschweiz das Dorf Goldau und begrub 457 Menschen. Der östlichste Teil der Felsmassen traf den Lauerzsee und löste einen 15 Meter hohen Tsunami aus. Etwa 10 Menschen fanden in den Fluten am südlichen Ufer des Sees den Tod.

Dies ist wohl der Grund, dass man in der Schweiz die Gefahr eines Tsunamis in die nationale Gefahrenkarte aufgenommen hat!

Interessante Links:
Animation des Tsunamis im Vierwaldstättersee von 1601
SRF – Tsunami am Vierwaldstättersee
Wie entsteht ein Tsunami?


Wenn ein Fluss untertaucht!

14.04.2015

In trockenen Monaten gehört das Bild der wasserlosen Töss in Bauma zum Alltag. «Als Kinder spielten wir immer im trockenen Bett des Flusses», weiss Marianne Heimgartner, Gemeindepräsidentin von Bauma zu berichten. Man hat diese Gelegenheiten geschätzt, denn die normal hohe Fliessgeschwindigkeit hat es für Kinder unmöglich gemacht, sich in der Töss zu vergnügen. Der Grund dafür liegt weder in der Klimaerwärmung noch in einer Übernutzung des Grundwassers. Es ist ein natürliches Phänomen wie langjährige Messungen zeigen.

Ausgetrocknete Töss      Tössversickerung

Links: das ausgetrocknete Flussbett der Töss im oberen Tösstal, Foto: Keystone, Steffen Schmidt / Rechts: die Töss und ihr Grundwasserstrom, Grafik: AWEL, Kt. Zürich

Der kiesige Untergrund des Flussbetts lässt das Wasser bei längerer Trockenperiode permanent versickern und speist so den Grundwasserlauf im Tösstal. Dabei sind bestimmte Abschnitte der Töss von diesem Phänomen mehr betroffen als andere, wie die obere Grafik zeigt. Westlich von Turbenthal etwa sind die natürlichen Begebenheiten so, dass dieser Abschnitt immer Wasser führt. Im mittleren Teil der Töss, zwischen Wila und Saland sind die Schwankungen grösser – gut acht Meter kann der Grundwasserspiegel variieren. Das führt zu einer teilweisen Austrocknung des Flussbetts. In der Region um Bauma zeigt sich das Phänomen noch stärker, untere Grafik: hier ist das Tal am steilsten und der Grundwasserspiegel verändert sich bis zu 25 Metern.

toessversickerung_steg Grafik: AWEL, Kt. Zürich

Sollte die Schönwetterphase weiter anhalten, wird das Phänomen bald zu beobachten sein.


"T'a bulih kita orang makan batu …

07.04.2015

… Nicht können wir Menschen Steine essen!“ <malaiisch>
Das bedeutet nicht etwa das Rumpeln in unseren nachösterlichen Mägen! Es ist der Anfang des Werkes Gadscha Puti von Hans Morgenthaler. Besagter war Biologe, Zoologe, Geologe und Schriftsteller zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Sein berühmtestes Werk war Matahari, das Auge des Tages, die malaiische Bezeichnung für Sonne.

Heute stelle ich einen Geologen vor, der auch Schriftsteller war. Den Stoff für die oben genannten wichtigsten Werke sammelte Hans Morgenthaler während zweier Jahre im siamesischen und malaiischen Dschungel. Im Auftrag einer Schweizer Firma suchte er dort nach Zinn, Silber und Gold. Er erkrankte an Malaria und Tuberkulose und starb jung. Heute würde man ihn einen Individualisten nennen. Einsam streifte er durchs Gebirge mit Rucksack und Hammer, sammelte Steine und Versteinerungen und fand da eine Erzader, dort ein seltenes Fossil. Er las in den Falten und Formen der Felsen die Geschichte der Erde wie in einem Buch.

Hans Morgenthaler schwärmte vor 80 Jahren: «Geologe, ja, das schien mir […] der Beruf für einen Mann wie ich. Nicht nur würde dieser Frischluftberuf ein herrliches, freies und dazu wohlbezahltes Reiseleben ermöglichen, sondern obendrein warteten Abenteuer auf denjenigen, der sich irgendwohin auf Forschungsreisen schicken liess, wie die alten Reisläufer sie nicht köstlicher fanden. Geolog zu sein, das war ähnlich erstrebenswert und gefährlich wie die Mitgliedschaft im akademischen Alpenclub.» (Morgenthaler in der Zeitschrift: „In der Stadt“)

morgenthaler      morgenthalerjpg

Links: Hans Morgenthaler der Extrembergsteiger & Geologe; Rechts: der Schriftsteller, Quelle: Internet


„T’a bulih kita orang makan batu …

07.04.2015

… Nicht können wir Menschen Steine essen!“ <malaiisch>
Das bedeutet nicht etwa das Rumpeln in unseren nachösterlichen Mägen! Es ist der Anfang des Werkes Gadscha Puti von Hans Morgenthaler. Besagter war Biologe, Zoologe, Geologe und Schriftsteller zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Sein berühmtestes Werk war Matahari, das Auge des Tages, die malaiische Bezeichnung für Sonne.

Heute stelle ich einen Geologen vor, der auch Schriftsteller war. Den Stoff für die oben genannten wichtigsten Werke sammelte Hans Morgenthaler während zweier Jahre im siamesischen und malaiischen Dschungel. Im Auftrag einer Schweizer Firma suchte er dort nach Zinn, Silber und Gold. Er erkrankte an Malaria und Tuberkulose und starb jung. Heute würde man ihn einen Individualisten nennen. Einsam streifte er durchs Gebirge mit Rucksack und Hammer, sammelte Steine und Versteinerungen und fand da eine Erzader, dort ein seltenes Fossil. Er las in den Falten und Formen der Felsen die Geschichte der Erde wie in einem Buch.

Hans Morgenthaler schwärmte vor 80 Jahren: «Geologe, ja, das schien mir […] der Beruf für einen Mann wie ich. Nicht nur würde dieser Frischluftberuf ein herrliches, freies und dazu wohlbezahltes Reiseleben ermöglichen, sondern obendrein warteten Abenteuer auf denjenigen, der sich irgendwohin auf Forschungsreisen schicken liess, wie die alten Reisläufer sie nicht köstlicher fanden. Geolog zu sein, das war ähnlich erstrebenswert und gefährlich wie die Mitgliedschaft im akademischen Alpenclub.» (Morgenthaler in der Zeitschrift: „In der Stadt“)

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Links: Hans Morgenthaler der Extrembergsteiger & Geologe; Rechts: der Schriftsteller, Quelle: Internet